Der Geschichte, die ich mich hier anschicke zu erzählen, muss vorsichtshalber jener Vorspann voran gesetzt werden, mit dem so mancher Film beginnt, der aus dem wahren Leben erzählt, nämlich: Die Geschichte ist frei erfunden. Jedwede Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufälliger Natur und keineswegs beabsichtigt. Demjenigen Leser, der sich also bei der Lektüre etwas denkt, hinterfragt oder gar hinein interpretiert, sei mit aller Deutlichkeit gesagt: "Honi soit qui mal y pense!" Ein schönes Sprichwort, das zu jeder unpassenden Gelegenheit passt! Was ich jedoch mit dem Verfassen dieser Geschichte wirklich beabsichtige, steht auf einem völlig anderen Blatt.
Vorab muss ich als Erzähler dieser Geschichte konzedieren, dass ich mich hierbei auf ein Terrain wage, bei dem ich mir nicht unbedingt eine uneingeschränkte Kompetenz zugestehen kann. Als männliches Geschöpf, das selbst nach einem bereits länger gelebten Leben die Psyche und Wesenart des anderen Geschlechtes - weder wissenschaftlich noch mental - immer noch nicht begriffen hat, sollte ich gerade über diese für mich unergründlichen Wesen besser nicht schreiben. Doch manchmal juckt es halt ein wenig in den Tasten. Ich versuche es also, selbst auf die Gefahr hin, von Reich-Radnicki einmal wieder in der Luft zerrissen zu werden, und zudem noch völlig. Daher verfasse ich diese Geschichte als einen Bericht und enthalte mich jeden weiteren Kommentars.
Wir befinden uns in einem Badezimmer eines Reihenhauses in einer Großstadt. Anna, meine Hauptdarstellerin, eine Mittvierzigerin, der jeder objektive Zeitgenosse gerne zugesteht, sich gut erhalten zu haben und durchaus begehrenswerte Attraktivität auszustrahlen, entsteigt ihrer Wanne, wo sie in einem aromatischen Kräuterbad eine Weile relaxt hatte. Sie ist dabei, sich auf einen abendlichen Opernbesuch vorzubereiten. Nachdem sie sich schnell ein wenig abgerubbelt hatte, um nicht zu viel Feuchtigkeit im Raum zu vernebeln, setzt sie sich auf den Hocker vor dem Spiegel und betrachtet sich zweifelnd und argwöhnisch, jedes Detail in ihrem Gesicht, an ihrem Hals, ihrer Schulter, ihren Brüsten sorgfältig in Augenschein nehmend. Hatte ihr Leben schon so viele Spuren hinterlassen, dass ihr Mann Grund hatte, jegliches Interesse an ihr verloren zu haben? Diese Frage stellte sie sich stets, nachdem einmal wieder eine ihrer sexuellen Pflichtübungen stattgefunden hatte. Diese Ereignisse gestalteten sich von Mal zu Mal übler und entwickelten nichts als Frust in ihr. Offensichtlich brachte er keine rechte Begierde nach ihr mehr auf, sondern suchte eher nach einer schnellen Befriedigung, die er sich ebenso durch Handanlegen auch selbst verschaffen könnte. Und sie verspürte Lust schon lange nicht mehr. Nichts funkte mehr zwischen ihnen hin und her. An Zärtlichkeit mangelte es vollends, zumal ihm - dem Paragrafenreiter, der er als Jurist von Berufs wegen war - jegliche Fantasie bei dem Akt der Liebe abging. Annas Erziehung schränkte ebenfalls die Erweiterung des Repertoires ein, und da eine offene Kommunikation über das heikle Thema zwischen ihnen nicht stattfand, fand eben nichts statt. Nichts, außer Langeweile oder geduldigem Sich-nicht-Verweigern, folglich in Frust endend.
Cosi fan tutte?
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