Je mehr sich der junge Mann meinem Tisch im Café näherte, desto aufmerksamer musterte ich ihn. Er schien großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres zu legen: modische helle Kleidung trug er, die Haare kurz geschnitten, eine makellose Haut unterstrich seine sanften Gesichtszüge. Seine Schritte wirkten locker geschmeidig. Ich bedauerte einen Augenblick, nicht homosexuell zu sein. Mit diesem Mann könnte man sonst bestimmt einen ganzen Abend lustvoll verbringen.
Er blieb einen Augenblick stehen, schaute sich suchend um, bis er sich an einen der Kellner wandte, der nach einem kurzen Wortwechsel auf meinen Tisch zeigte. Entschlossen schritt der junge Mann auf mich zu, blieb vor mir stehen und starrte mich mit undurchdringlicher Miene an. „Entschuldige, dass ich dich habe so lange warten lassen! Wenn wir uns aber beeilen, kommen wir noch rechtzeitig zur Party.“
Ich zuckte verstört mit den Schultern, schüttelte dann aber verständnislos den Kopf. Doch der junge Mann blickte mich unbeirrt an. „Dass wir uns gleich richtig verstehen, und du dir keine falschen Hoffnungen machst: Danach trennen wir uns, und jeder geht seiner Wege.“
Ich atmete mehrmals tief durch, um meine Erregung unter Kontrolle zu bringen: Vor mir stand kein Mann, eine knabenhaft wirkende weibliche Gestalt, eine Frau, wie mir ihre Stimme gerade bestätigt hatte.
„Danach?“, wiederholte ich. „Wonach?“, wollte ich wissen.
„Tu nicht so! Du weißt genau, was ich meine: Wenn wir miteinander geschlafen haben.“
Ich hatte mich wieder gefasst, erhob mich, um der Frau direkt in die Augen zu schauen. „Ich bin hier weder mit jemandem zu einer Party verabredet noch habe ich die Absicht, mit Ihnen zu schlafen.“
„Aber wozu haben wir dann vorhin so lange miteinander telefoniert? Wir wollten uns doch hier im Café treffen, genau an diesem Tisch.“
„Da muss wohl ein Missverständnis vorliegen. Ich habe mit Ihnen nicht telefoniert“, entgegnete ich kühl. Ein nervöses Zucken umspielte ihre Mundwinkel. Sie blickte ratlos suchend um sich, bis ein Kellner herbeieilte und sich zu ihr beugte. „Tut mir leid. Der Herr, der diesen Tisch reserviert hat, hat abgesagt, und wir haben den Tisch wieder freigegeben.“
Danach
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