Ob er selbst in diesem Alter noch solche Wünsche haben würde, ging es dem Schrillen durch den Kopf, doch seine Gedanken wurden von dem unwirschen Ruf des Alten unterbrochen, seiner Arbeit nachzukommen. Er konzentrierte sich wieder, immer noch mit seiner Wut im Bauch, auf die hilflose Geisha und die perverse Situation, in der sie sich befand. Er hatte noch nie eine so alte, nackte, unwillige Frau aufgenommen. Seine Modelle waren jung und knackig und ganz wild darauf, fotografiert zu werden, von ihm, dem berühmten Künstler. Er musste nur mit den Fingern schnippen, damit sie ihm anschließend ihre Dankbarkeit bezeugten, genauso, wie er sich wünschte, nur, um erneut zum Shooting eingeladen zu werden. Aber jetzt, als er mitansehen musste, wie diese alte Frau sich bemühte, gefällig zu sein, wie sie sich hilflos abmühte, zu tanzen und zu posieren, fand er, dass es nicht richtig sei, sie noch zusätzlich durch seine Bilder bloßzustellen. Sie tat ihm leid, ein Gefühl, das in ihm selten aufkam. Und eigentlich war er auch fertig. Alles, was er jetzt noch aufnehmen konnte, waren Wiederholung und außerdem, wer wollte Bilder von senilen, alten Männern und ausgetrockneten Omas, wer konnte solchen Bildern irgend etwas abgewinnen, außer solch perverse Lüstlinge wie dieser Alte? Aber, resigniert zuckte er mit den Schultern und nahm die Kamera, die er auf den Boden gelegt hatte, wieder in die Hand, Auftrag ist Auftrag. Er arbeitete schließlich für diesen Typ und dessen Marotten hatte er ja bereits beim letzten Mal kennengelernt. Alt zu alt, dachte er und begann wieder auf den Auslöser zu drücken, mechanisch, uninspiriert und wegen des Anschisses, mit verdoppelter Wut.
Auch die Geisha hatte jegliche Inspiration verloren. Lustlos hatte sie sich fast nur auf der Stelle beweg, während der Alte vor sich hin stierte und sie gar nicht mehr wahr zu nehmen schien.
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