Er näherte sich ihr nur so weit, dass er auf den Kimono einhauen konnte, den sie hinter sich her schleifte. Er hieb und stach und zerfetzte das teure Stück. War es ein Wunder oder doch Absicht, dass er die arme Frau nicht traf und verletzte? Ein großes Wunder war, dass die entsetzte Geisha immer noch laufen konnte und ein kleines Wunder, dass ihre Frisur, der schwarze Turm mit dem bleichen Kamm, die Attacken und die Raserei des Alten bisher überstanden hatte. Der Alte tobte, fuchtelte, hoppelte und schrie, die Geisha rannte um ihr Leben, das Tanzen hatte sie längst aufgegeben. Der Fotograf knipste wie wild, er hörte gar nicht mehr auf, den Auslöser zu betätigen und hoffte dabei inständig, dass die Batterien durchhalten mögen. Er hüpfte um die beiden herum, passte sie ab, fing sie ein, mal von vorne, mal von hinten, mal von der Seite, mal ganz nah, dann wieder aus der Totalen. Er war nur bedacht, dieses Drama, dieses Inferno, diesen Höllenritt optimal festzuhalten. Er dachte keinen Moment daran, der Geisha in ihrer Todesangst zu helfen oder den Alten zur Vernunft zu bringen, mutig aufzubegehren, sich tapfer zwischen das Wild und seinen Jäger zu stellen und dem grausamen Spiel ein Ende zu bereiten. Doch das hätte er schon aus lauter Angst vor dem beständig geschwungenen Schwert nicht gewagt. Die Ikebanafrau schließlich, die auch noch da war und das Inferno mitansehen musste, jammerte lauthals und fiel fast in Ohnmacht, vor allem angesichts der brutalen Zerstörung ihres Werkes. Aber in Ohnmacht fallen durfte sie nicht, denn dann hätte sie ja das Geschehen nicht weiter beobachten können. Eingreifen wollte sie auch nicht. Da ging es ihr, wie dem Fotografen. Sie machte sich aus lauter Angst vor dem durchgeknallten Alten fast in die Hose.
So ging die Hatz durch die Wohnung weiter, die Geisha vorneweg, der mit seinem Schwert fuchtelnde Alte dahinter und in sicherem Abstand der Fotograf.
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