Diese Geisha, die bisher ein Bild voller Ästhetik und voller Charme abgegeben hatte und die auch nun ihren Zauber hätte verbreiten können, eine helle, graziöse Silhouette, sanft angestrahlt von dem gelben Licht der Kerzen, malerisch drapiert vor der tiefblauen Fläche ihres Gewands, umgeben von zahlreichen, weißen Blüten und Lampions und den traumhaften Irrlichtern der Glitzerfenster im Hintergrund, diese Geisha bot solch ein verklärtes Bild keineswegs. Sie zitterte, weil sie wusste, dass ihr Anblick nicht angetan war, erotische Phantasien zu beflügeln, sexuelle Lüste zu steigern oder auch nur die Ästhetik eines wohlgeformten weiblichen Körpers zu bietet. Denn dastand, schüchtern, verlegen und ängstlich, eine Frau, die alles andere als jung und deren Körper weder schön noch wohlgefällig war. Eine Frau mit Falten auf dem mageren Leib, mit kleinen, schlaffen Hängebrüsten, mit hervortretenden Rippen, mit einem dicklichen Bauch und mit einem schwarz-grauen dünnen Geflecht darunter, das jegliche Lust abtötete und dazu noch diesen unsäglichen, kurzen O-Beinen. Die Schönheit einer elfenhaften Gestalt, die man, solange sie von dem edlen Kimono verhüllt war, durchaus hätte ahnen können und der Zauber eines Gesichts, das durch geschicktes Schminken und das warme Licht der Kerzen Jugend vortäuschte, waren brutal und radikal verschwunden, als sich die Frau, entblättert und entblößt hatte, als sie sich, erniedrigt und verkrampft, anstarren lassen musste. Ihr wahres Alter hätte man allenfalls an ihren dünnen, knochigen Händen abschätzen können, wenn man auf diese mehr geachtet hätte. Aller Camouflage beraubt, zeigte sich nun die hässliche, blanke Rückseite der Medaille, die der kunstvoll verhüllten und verbrämten Vorderseite in keiner Weise entsprach. Der nackte Körper der Geisha war nur hässlich und man mochte sich fragen, warum sie sich überhaupt so zeigte, warum sie das Geheimnis ihres Alters und ihrer verwehten Schönheit so ungeniert offenbarte.
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