Zu verstehen, was geschehen ist, ist nicht leicht. Sehe ich jetzt nach links, betrachte in der aufgehenden Sonne das morgens das friedlich und entspannt aussehende Gesicht von Sabine, ist es wie ein Wunder für mich. Jahrelang hatten wir uns nicht mehr gesehen, um genau zu sein, fünfundzwanzig, hatten uns aus den Augen verloren. Vor ein paar Monaten wurde ich angeschrieben, dass wir nach diesem viertel Jahrhundert ein Klassentreffen machen wollten. Ein paar meiner alten Kameraden hatten sich zusammengetan und versucht, die ehemaligen Schüler unserer Abschlussklasse zusammenzubekommen. Es war kaum möglich, besonders bei den Mädels wurde es aufgrund Heirat und Nachnamenwechsel schwer. Einige konnten nicht mehr ermittelt werden, andere hatten keine Zeit, waren zu weit fortgezogen. Ein kleines Häufchen blieb übrig, die sich treffen wollten. Besser wenige als keine. Also war ich darauf gespannt, wer sich angemeldet hatte, und kommen würde. Ich wollte es zuvor nicht wissen, fand spannend, ob ich sie sofort wiedererkennen würde.
Endlich kam der Abend und ich machte mich fertig, wie ich es tat, wenn ich ausging. Sauber, ordentlich und ein wenig Duftstoff auf die Haut, und schon war ich fertig. Bis zu dem Treffpunkt war es zum Glück nicht weit und ich schaffte es zu Fuß, auch wenn es ein längerer Spaziergang war, es spielte keine Rolle. Sich die Füße vertreten, war nicht schlecht. Eine dreiviertel Stunde später kam ich an, betrat das Restaurant, in dem das Treffen stattfinden sollte.
Zu meiner Überraschung waren ein paar meiner ehemaligen Mitschüler bereits anwesend und es gab ein lautes Hallo. Ein paar von ihnen hatte ich zwischendurch gesehen, andere seit dem letzten Tag in der Schule nicht mehr. Erkennen konnte ich jeden von ihnen und wusste sogar ihre Namen, was mich wunderte, merken konnte ich sie mir sonst nie.
Ein paar Worte, und es kam mir vor, als wenn die Zeit stehen geblieben wäre. Fast alle sahen aus wie damals, waren nur um die Jahre gealtert, aber ansonsten war alles vertraut, als wenn es die Zeit dazwischen nicht gegeben hatte. Natürlich waren die ersten Fragen vorprogrammiert und Standard. Was machst du, bist du verheiratet, hast du Kinder und alles, was man über den Werdegang des anderen wissen wollte. Damit konnte man sich lange aufhalten, war teilweise überraschend, wohin sich manche Wege gerichtet hatten.
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