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Eine Hommage an Balthus

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Tobias Falberg

Dieses Profil! Es zeigte zweifellos Thérèse! Jedoch erstarb ihm der geliebte Name in seiner Kehle, als sich das Gesicht dort vorne ihm zuwandte und das eines fremden Jungen war.
„Deine Augen haben dich nicht getäuscht“, sagte der Mann. „Willst du sie treffen? Dann komm.“
Als sie in der dunklen Seitenstraße standen, wiederholte der Mann:
„Willst du sie treffen?“
Roth hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu blicken.
„Was muss ich dafür tun?“, fragte er.
„Nichts. Gar nichts. Du wirst nur ein weiteres Angebot von mir erhalten.“
Kaum hatte Roth genickt, stand er in einem taghellen Raum. Thérèse, seine Thérèse!, lag in einem Stuhl und posierte für den Maler, dessen Gesicht durch die Staffelei verdeckt wurde. Verwirrt von so viel unerwartetem Glück, sprach Roth die beiden an, stotterte, merkte aber bald, dass er für sie nicht existierte. Er schritt auf Thérèse zu, betrachtete ihr Gesicht, ihre bewegten Lippen, die wachen Augen. Auf Geheiß des Malers zog sie gerade ihren Rock nach oben und winkelte ihr linkes Bein an. Sie lachte, die spitzen Erhebungen ihrer Brust zeichneten sich unter der Bluse ab. Dann wurde ihr Blick wieder ernst.
„Ich habe dich gesucht“, sagte Roth zu dem Mädchen, das ihn nicht hörte.
Schwäche übermannte ihn, er sank auf die Knie, sank an ihren Körper, fasste, umschlang sie. Doch er stieß auf eine dünne Schicht, wie von elastischem Glas, die zwischen seinen Händen und dem begehrten Geschöpf bestehen blieb. Jeder geliebte Fingerbreit der zarten Gliedmaßen wurde undurchdringlich davon überzogen. Es war unmöglich, ihre Haut zu berühren. Aber er konnte sie riechen, ihre Wärme einatmen, den Geruch frischen weißen Stoffes, den feinen salzigen Unterton, der aus den schmalen Schenkeln aufstieg, zwischen denen er sich rieb, an deren duftendes Glas er sein Gesicht, seine Lippen presste. Gerade wollte er auch ihren Hals riechen, das braune Haar, da löste sich alles auf. Er rutschte auf Knien über die schmutzigen Pflastersteine der Gasse. Vor ihm stand der Mann und sagte:

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