Das Foto

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Dreaming Dolphin

Wie reife Früchte lugten sie aus dem knapp bemessenen Stoff. Und die Frau auf dem Foto, das sah man, war stolz auf diese Attribute ihrer Weiblichkeit. Sie präsentierte sie voller Selbstbewusstsein und mit Lust.
Auf der Stelle hatte er sich verliebt. Nicht in diese Frau! Wie auch? Er kannte sie ja nicht, und vermutlich würde er sie nie kennen lernen. Aber von diesem Augenblick an liebte er ihre Brüste: diese vollkommenen Halbkugeln selbstbewusster Weiblichkeit, Symbole ihrer Lust und Sinnlichkeit, und von Stund‘ an Objekte seiner Sehnsucht und seines Begehrens.
Er schrieb ihr nicht. Zu viele Kilometer lagen zwischen ihnen. Ein Treffen war eher unwahrscheinlich. Aber in Gedanken beschäftigte er sich unablässig mit ihr. Wie sie wohl war? Wie sie sich bewegte? Wie sie sprach, lachte und liebte? Wie es wohl war, sie bekleidet zu sehen? Wie ihre Brüste wohl wirkten, wenn sie in einem luftigen, farbenfrohen Sommerkleid steckten? Oder wenn sie sich nur andeutungsweise unter einem hochgeschlossenen, grauen Kostüm abzeichneten? Und wie es wohl war, sie ganz nackt zu sehen: einladend wogend, sich öffnend, hingebend, gierend nach Berührung, nach dem Griff einer kräftigen Männerhand, die Brustwarzen hart und spitz zwischen zärtlichen Lippen.
Der Gedanke daran erregte ihn, machte ihn ganz kribbelig. Und wo er auch war und ging, überall sah er ihre Brüste: in den Honigmelonen am Obststand auf dem Wochenmarkt, in den Basketbällen im Drahtkorb des Sportgeschäftes, in den runden Kirchenfenstern der Dorfkirche, in den Bullaugen der Boote im Hafen, in Blumensträußen, auf Straßenschildern und Plakaten. Er entwickelte einen geradezu unheimlichen Blick für alles Runde, Üppige, Halbkugelförmige, erwischte sich dabei, wie er die Frauen, denen er begegnete, taxierte. Doch da war keine, die im Vergleich mit seiner fixen Idee von ihr bestehen konnte.
Dann irgendwann war ihr Bild verschwunden.

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Gedichte auf den Leib geschrieben