Das Foto

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Dreaming Dolphin

Eigentlich hatte er sich, was sein Verhältnis zu Frauen anging, immer für „ganz normal„ gehalten. Er mochte guten, ehrlichen, zärtlichen, leidenschaftlichen Sex, aber er hatte keine außergewöhnlichen sexuellen Vorlieben. Und ganz sicher gab es nicht nur eine, eng umgrenzte erotische Praktik, die ihn sexuell erregt hätte. Nein, er war ein ganz normaler Typ mit ganz normalen Wünschen und Sehnsüchten.
Bis zu jenem Tag, an dem er ihr Foto sah!
Natürlich war er schon immer empfänglich gewesen für die weiblichen Rundungen einer schönen Frau. Welcher Mann, wenn er nicht gerade schwul war, war das nicht? Die „Kurven„ eines wohlgeformten Frauenkörpers erregten ihn – manchmal gegen seinen eigenen Willen. Aber nie hätte er geglaubt, dass die Kurven einer Frau ihn einmal so aus der Bahn werfen würden!
Ganz zufällig und aus reiner Neugier war er auf einer dieser Single-Seiten gelandet. Männer wie Frauen präsentierten sich dort mit mehr oder weniger aussagekräftigen „Profilen„, erzählten von ihren Hoffnungen und Wünschen, von ihren Absichten und Sehnsüchten. Und manch einer versuchte seine Aussicht auf Erfolg mit Hilfe eines Fotos zu erhöhen.
So auch sie: Auf dem Balkon ihrer Wohnung hatte sie sich fotografieren lassen, hoch über den Dächern ihrer Heimatstadt. Sie war hübsch, keine Frage: kurze, blonde Haare, ein nettes Gesicht mit einem Stupsnäschen und einem süßen Schmollmund. Aber es war nicht ihr Gesicht, das Aufmerksamkeit erregte. Die Frau auf dem Foto trug nur einen blassgrünen, knappen Bikini. Die Arme hatte sie vor dem Körper verschränkt. Ihre Unterarme stützten so die schönsten, wohlgeformtesten, beeindruckendsten Brüste, die er je gesehen hatte. Das Licht der untergehenden Sonne malte verspielte Ornamente auf ihre üppigen und doch sanften Kurven. Und Sinn und Zweck des Bikinioberteils, so schien es, war nicht, ihre Brüste zu verhüllen, sondern sie dem Betrachter des Fotos angemessen zu präsentieren. Wie reife Früchte lugten sie aus dem knapp bemessenen Stoff. Und die Frau auf dem Foto, das sah man, war stolz auf diese Attribute ihrer Weiblichkeit. Sie präsentierte sie voller Selbstbewusstsein und mit Lust.
Auf der Stelle hatte er sich verliebt. Nicht in diese Frau! Wie auch? Er kannte sie ja nicht, und vermutlich würde er sie nie kennen lernen. Aber von diesem Augenblick an liebte er ihre Brüste: diese vollkommenen Halbkugeln selbstbewusster Weiblichkeit, Symbole ihrer Lust und Sinnlichkeit, und von Stund‘ an Objekte seiner Sehnsucht und seines Begehrens.
Er schrieb ihr nicht. Zu viele Kilometer lagen zwischen ihnen. Ein Treffen war eher unwahrscheinlich. Aber in Gedanken beschäftigte er sich unablässig mit ihr. Wie sie wohl war? Wie sie sich bewegte? Wie sie sprach, lachte und liebte? Wie es wohl war, sie bekleidet zu sehen? Wie ihre Brüste wohl wirkten, wenn sie in einem luftigen, farbenfrohen Sommerkleid steckten? Oder wenn sie sich nur andeutungsweise unter einem hochgeschlossenen, grauen Kostüm abzeichneten? Und wie es wohl war, sie ganz nackt zu sehen: einladend wogend, sich öffnend, hingebend, gierend nach Berührung, nach dem Griff einer kräftigen Männerhand, die Brustwarzen hart und spitz zwischen zärtlichen Lippen.
Der Gedanke daran erregte ihn, machte ihn ganz kribbelig. Und wo er auch war und ging, überall sah er ihre Brüste: in den Honigmelonen am Obststand auf dem Wochenmarkt, in den Basketbällen im Drahtkorb des Sportgeschäftes, in den runden Kirchenfenstern der Dorfkirche, in den Bullaugen der Boote im Hafen, in Blumensträußen, auf Straßenschildern und Plakaten. Er entwickelte einen geradezu unheimlichen Blick für alles Runde, Üppige, Halbkugelförmige, erwischte sich dabei, wie er die Frauen, denen er begegnete, taxierte. Doch da war keine, die im Vergleich mit seiner fixen Idee von ihr bestehen konnte.
Dann irgendwann war ihr Bild verschwunden. Jeden Tag hatte er sie „angeklickt„, hatte seine heimliche Lust genossen, das Wissen, dass sie nicht wusste, dass er da war und sie betrachtete, verehrte und begehrte. Und plötzlich war sie weg!
Statt dessen war da ein anderes Bild: dieselbe Frau, derselbe Bikini – und doch ein ganz anderer Eindruck. Für dieses Bild hatte sie sich von hinten fotografieren lassen, sich über das Geländer ihres Balkons gebeugt und so zwei andere Halbkugeln präsentiert: die eines festen, wohlgeformten und von dem kleinen, blassgrünen Slip nur spärlich bedeckten Frauenhinterns.
Er mochte auch dieses Foto. Und doch war da ein Schmerz in ihm, das Gefühl eines unsagbaren Verlustes, die Sehnsucht nach diesem anderen Bild, mit dem er nun schon eine ganze Weile gelebt hatte und auf dem sie sich mehr als Frau präsentierte, als Versprechen erregender Weiblichkeit.
Er mochte ihren Po – aber er liebte ihre Brüste!
So folgten ein paar lustlose, unbefriedigende Tage: Er war unausgeglichen und unruhig, konnte sich nur schwer konzentrieren, hatte an allem und jedem etwas auszusetzen. Kurz: Er war ein richtiger Kotzbrocken. Und auch sein „virtuelles Leben„ auf jener Single-Seite gestaltete sich ziemlich öde: Plan- und ziellos klickte er durch verschiedene Profile. Halbherzig pflegte er seine Kontakte zu dieser oder jener Frau. Doch seine Gedanken kreisten nur um sie. Er vermisste sie. Und manchmal ertappte er sich dabei, wie er selbstvergessen wieder einmal in ihrem Profil gelandet war. Dass sich dort irgendwann überhaupt kein Bild mehr fand, schmerzte ihn weit weniger als der erste Verlust.
Doch dann, nach ein paar Tagen war es wieder da! Und er freute sich! Wie ein kleiner Junge sich freut, wenn er zu Weihnachten die lang ersehnte Eisenbahn bekommt. Er hatte sie wieder, die Objekte seiner Begierde!
Was hätte er dafür gegeben, sie einmal berühren, einmal seine Hände um sie legen zu dürfen! Ihr Gewicht zu spüren, ihre Form zu ertasten, zu fühlen, wie die kleinen Brustwarzen sich aufrichteten unter seiner Berührung, sie mit der Zunge zu umspielen, mit den Zähnen an ihnen zu knabbern, an ihnen zu saugen wie ein Baby. Wie gerne hätte er sein Glied zwischen diese großen, weichen Kugeln gebettet, seine Männlichkeit in ihnen vergraben, diese Titten „gefickt„ – so sagte man wohl –, um sich dann auf dem Höhepunkt der Lust zwischen ihnen zu verströmen und sein Sperma als sichtbares Zeichen von Lust und Befriedigung auf ihnen zu hinterlassen.
Er wusste, das würde nicht passieren. Doch der Gedanke daran machte ihn glücklich. Und welche Frau er auch traf – keine hatte Brüste, die ihn so beeindruckten wie ihre ...

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