Das dachte die Beethoven-CD, wie sie da so stand und abkühlte. Dann dachte sie and das, was ihr einst ihre ältere Freundin erzählt hatte, die im Regal immer gleich neben ihr gestanden hatte, bis sie eines Tages weg war, weil sie gestorben war.
Sie hatte erzählt: Die Freuden des Lebens kannst du nur genießen, solange du jung und unzerkratzt bist. Aber irgendwann, da kommt einmal der Tag, wo du in den CD-Spieler geschoben wirst und er dich wegen deiner hässlichen Kratzer einfach wegspuckt und nichts als ein müdes ‚Error’ im Display für dich übrig hat."
So hatte es ihre Freundin, die Wagner-CD gleich neben ihr, immer wieder erzählt und so war es ihr dann schließlich auch ergangen.
Doch sie hatte noch mehr zu berichten gewusst, nämlich dass früher alles anders gewesen sei. Da hätte man sich nicht einfach nur mit einem Laserstrahl vergnügt, da sei alles nicht so clean gewesen, da seien noch harte Nadeln aus echtem Saphir über wohlgeformtes Vinyl gefahren, mit wirklichem und wahrhaftem Materialkontakt. Da sei man dennoch viel liebevoller miteinander umgegangen, vorher mit einem weichen Tuch abgestrichen worden. Es sei nicht so gewesen, wie es heute war: Schublade uff, CD rin, abspielen, Schublade raus. Nein! Man solle meisten sogar zweimal abgespielt worden sein, einmal von vorne und einmal von hinten. Und dann war da noch Rede vom multiplen Schlussakkord gewesen, wo die Nadel wegen eines dicken Staubkorns immer und immer wieder die gleiche Rille streichelte.
Doch von all dem hatte die Beethoven-CD nur eine vage Vorstellung und hoffte einfach nur, dass sie ewig jung und unzerkratzt bleiben würde.
Das Lachen der CD
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Das Lachen der CD
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