Der schlimmste Moment meines Lebens war gekommen, denn nun musste ich auf meinen eigenen Bruder schießen. Die Frage war: er oder wir! Während ich noch überlegte, tauchten überall hinter uns Reiter auf, jagten uns mit lautem Gebrüll. Die letzte Schlacht stand unmittelbar voraus. Keiner von uns würde sich ihr entziehen können. Ich musste mich nun entscheiden. Die Pistole in der Hand haltend, zielte ich aus dem Fenster. Ich sah Jimmy und mich als Kinder, wie wir im Vorgarten unseres Elternhauses spielten. Jimmy war der Sheriff, ich die Indianerin.
Kate riss mich aus meinem Abstecher in die Vergangenheit.
„Schieß doch endlich! Worauf wartest du denn noch, Sharon?“
Meine Finger zögerten, den Abzug zu drücken. Ich brachte es einfach nicht fertig, auf Jimmy zu feuern. Kate nahm mir diese Entscheidung ab. Eine Hand behielt sie am Lenkrad, während sie mit der anderen nach meiner Pistole griff. Sie war Linkshänderin, was ihr nun zu Gute kam. Ihre langen, blonden Haare wehten im Fahrtwind, als sie aus dem Fenster schoss, die Waffe auf ihr Ziel gerichtet.
Die Kugel verfehlte Jimmy, der immer näher kam. Kate trat das Gaspedal durch, jagte den Tacho des Jeeps nach oben. Ich sah, dass Stiv aus dem Fenster seines Jeeps kletterte. Er hielt sein Gewehr im Anschlag, während er elegant auf die Ladefläche sprang. Sein Gesicht hatte einen grimmigen Ausdruck, als er eine Salve nach der anderen abfeuerte. Sand spritzte vor Jimmys Pferd auf, das augenblicklich zu scheuen begann. Mein Bruder hatte Mühe, sich im Sattel zu halten. Ich sah, dass auch er einen Revolver in der Faust hielt. Die beiden ehemaligen Freunde lieferten sich ein wildes Feuergefecht, das aus einer Mischung aus Hass und tiefer Verletzung gespeist wurde. Wie aus dem Nichts verdunkelte sich der Himmel über der Wüstenlandschaft. Ein teuflisches Heulen ertönte. Es kam hinter einem Berg aus Sand hervor. Kate wurde schlagartig blass, als sie es hörte. Sie schrie:
„Fangt zu beten an, Mädchen. Das ist Laureen, die blutsaugende Wolfsbraut! Sie greift uns an…“
Eine schreckliche Angst krampfte sich um mein Herz. Ich fühlte eine Eiseskälte, ahnte dass unser jüngster Tag kurz bevorstand. Bald würde sich zeigen, wer hier die Oberhand behalten sollte!
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