Fernando betrat mit pulsierenden Schläfen die Zahnarztpraxis. Den behandelnden Arzt hier kannte er schon lange. Die beiden gestandenen Männer hatten einst gemeinsam die Hörsaalatmosphäre auf sich wirken lassen. Jetzt liess Fernando den klinisch-sauberen Geruch der renovierten Räume auf sich wirken. Dies verursachte bei ihm dieses gewisse Pulsieren – obwohl er, als Oberarzt in einem grossen Spital, die Atmosphäre eigentlich gewohnt war.
Er betrat das Wartezimmer und klaubte den „Spiegel“ aus dem Ständer. Zum Blättern kam er kaum – schon wurde er von der freundlichen, schlanken Assistentin in den Behandlungsraum gebeten, wo ihn sein Freund Gerd freudig begrüsste, ihm erklärte, warum ein paar Röntgenaufnahmen notwendig waren und seine Bedenken zerstreute, dass die Karies seit der letzten Untersuchung verstärkt auftreten könnte.
Die beiden Männer verabschiedeten sich mit kräftigem Händedruck, und Fernando begab sich zur Dentalhygiene. Vera Dehli war vor längerer Zeit mit einem Inder verheiratet gewesen. So war sie zu ihrem klangvollen Namen gekommen. Vera Dehli. Ihre schneeweisse Kleidung liess ihr blondes, dichtes Haar noch intensiver strahlen – und ebenso ihr Lächeln, mit dem sie die Kunden bedachte. Fernando bekam die Wegwerf-Serviette umgebunden; Vera ging routiniert vor und ordnete flink die Reinigungsinstrumente. Dann setzte sie sich an seine rechte Seite. Sie duftete angenehm nach Körpermilch. Der erregende Duft setzte bei Fernando sofort ein Signal, das er bei sich schon lange nicht mehr wahrgenommen hatte. Er war zweifacher Familienvater, und die Anspannung im Beruf sowie seine privaten Pflichten erlaubten es ihm kaum, lustvolle Gedanken an Frauen auch nur andeutungsweise an sich herankommen zu lassen.
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