Der Brunnen

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Der Brunnen

Der Brunnen

Yupag Chinasky

Während er ein zweites Glas leerte, sagte sie, ihr sei so heiß und sie sei stark verschwitzt und würde stinken, ob er es nicht gerochen habe. Er verneinte und sagte, er sei ja auch nicht besser dran. Sie brauche unbedingt eine kleine Dusche, fuhr sie fort, er würde sich doch nicht genieren. Er könne ja wegschauen, wenn ihn der Anblick einer halbnackten Frau stören würde, scherzte sie, und schon hatte sie mit einer kurzen Bewegung die Träger des schwarzen Kleides über die Achseln gestreift und es auf den Boden fallen lassen. Sie bückte sich und legte es auf den Brunnenrand. Dann stand sie da, in schwarzem BH und schwarzem Slip, mehr hatte sie nicht an, nur noch ihre Sandalen. Eine Frau mit stämmigen Beinen, festen Schenkeln, breiten Hüften, einem prallen Hintern, einer dennoch schmalen Taille und diesen herrlichen, großen, ausgeprägten Brüsten, die er sehr gerne ganz nackt gesehen hätte. Gelassen, als sei die leicht prekäre Situation völlig normal, ließ sie sich ein paar Augenblicke lang bewundern, dann ging sie zu der Tonne, öffnete den Deckel und schöpfte mit einer der Schüsseln Wasser, das sie sich über den Kopf und den Körper schüttete. Sie wiederholte den Vorgang mehrfach und gab dabei Laute des Wohlbefindens von sich. Das habe ihr sehr gut getan, sagte sie anschließend, ob er nicht auch eine Dusche haben wolle. Er zögerte. Sollte er sich vor ihr ausziehen? Er könnte ja die Unterhose anlassen, so wie auch sie sich nicht ganz entkleidet hatte. Sie bemerkte sein Zögern und sagte, er solle sich nicht genieren, sie wisse wie ein nackter Mann aussehe, obwohl ihrer schon vor Jahren gegangen sei, sie verlassen habe, als die Kinder noch klein waren, wegen einer anderen Schlampe, aber so sei das Leben und hier, in ihrem Land, sei das ganz normal. Sie könne sich ja um den Kaffee kümmern, während er in Ruhe duschen würde, es täte ihm bestimmt gut und es sei für ihn genauso eine Wohltat, wie für sie.

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