Der Mann war schon immer gut gewesen für Überraschungen. Mit der Selbstvertändlichkeit eines Altstadtbewohners steckte er den Schlüssel ins Schloss einer schweren, alten Holztür. Sie öffnete sich quietschend. Dahinter roch es etwas muffig – und mir war sofort klar, warum. Der Boden bestand aus nackter Erde. Eine absolute Seltenheit in der hoch gentrifizierten und luxussanierten Berner Altstadt. Dann sah ich die Fotoleuchten. Die bunten Kissen. Die Accessoires. Andry hatte zahllose Connections, in vielen Städten dieser Welt. Bern gehörte zweifellos dazu. Der Raum wirkte archaisch, nahezu wie eine Höhle. Ich mochte diesen Kellergeruch und sog ihn tief in meine Lungen. Es war angenehm warm – an einen Heizkörper, ein künstliches Cheminée, hatte Andry gedacht – wie auch an ein paar Eve- und Chinotto-Drinks und Snacks, die entlang einer der Sandsteinmauern aufgereiht waren. „Magst Du...“?, fragte er mich. „Ja, ich mag“. Ich fühlte mich wie in einer Ehe-Zeremonie und lächelte ihn an. Andry verband mir die Augen. „Knie Dich hin, Anita“. Ich tat, wie geheissen, und Andry hob mein Sommerkleid über meine Hinterbacken an und drapierte es. Dann startete er mit einer sehr intensiven Fotosession. Zuerst gab es nur Positionsbilder, mein Kleid behielt ich an. Ich musste es vorne aufknöpfen, die Arme hinter dem Kopf verschränken, mein Kreuz durchdrücken. Dann bat mit Andry in den Vierfüsslerstand, und die Bilder wurden expiziter. Ich kniete auf zwei weichen Kissen. Andry hatte an wirklich alles gedacht. Wohl mit ein Grund, dass er ein derart erfolgreicher Fotograf ist. Er nimmt sich Zeit für seine Models, auch für mich, und wartet so lange ab, bis Vertrautheit entsteht.
„Dein... Pelzchen“, murmelte er, und ich wusste trotz verbundener Augen, wohin er nun zoomte. Ich bin eine sehr entspannte Frau, wie bereits geschrieben, und es macht mir auch nichts aus, mein Poloch herzuzeigen.
Der Fotograf, der Bettler und das Pelzchen
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Der Fotograf, der Bettler und das Pelzchen
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Das herzige Pelzchen
schreibt SvenSolge