Der Schneeengel

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Der Schneeengel

Der Schneeengel

Jürgen Lill

Erst kurz vor dem dritten Advent, als die Vorweihnachtszeit anfing, mich depressiv zu machen, dachte ich, ich müsste mich langsam in eine Geschichte flüchten, um der Realität meiner Einsamkeit zu entkommen. Also setzte ich mich wieder an den Laptop und überlegte: Wo sollte meine neue Geschichte spielen? Auf einer schönen, tropischen Insel voller Palmen und mit endlosen, weißen Stränden? Ja, das war gut. Ich begann eine Einleitung zu formulieren, schrieb in der Ich-Form und erzählte, wie ich meinen Koffer packte, zum Flughafen fuhr und in den Flieger nach Süden stieg. Ein Flieger nach Süden, dachte ich mir. Wie lange war ich im wirklichen Leben schon nicht mehr in Urlaub geflogen? Mein letzter Urlaub lag schon so lang zurück, dass er schon gar nicht mehr wahr war. Zurück zur Geschichte. Wo war ich stehen geblieben? Ah ja, der Flug nach Süden? Wohin geht er? Zu den Kanarischen Inseln! Nein, es muss weiter weg sein. Die Malediven. Ja, die Malediven sind klasse. Jetzt wäre doch ein Internetanschluss gut, dachte ich mir, da ich nicht viel von den Malediven wusste. Aber gut, dann musste ich eben improvisieren. Was spielte es schon für eine Rolle, wo genau auf den Malediven meine Erzählung handelte. Palmen, Strand und die ultimative Traumfrau. Was brauchte ich denn sonst noch für Zutaten für meine Geschichte? Grübelnd blickte ich über den Monitor meines Laptops aus dem Fenster. Im Garten sah ich ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen mit einer Katze spielen. Ich hatte sie bisher noch nie hier gesehen; Weder das Mädchen, noch die Katze. In Gedanken versunken sah ich den beiden zu.

Das Mädchen erinnerte mich an meine erste Liebe. Sie war eine entfernte Verwandte gewesen, eine Großcousine, oder etwas in der Art. Wie lange lag das nun schon zurück? Ich war damals über beide Ohren in Miriam, so hatte die Großcousine geheißen, verliebt gewesen, als ich die Sommerferien mit ihr bei meinen Großeltern verbracht hatte.

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