Der Traum

Ich versuche mich zu erinnern, wann ich den Traum zum ersten Mal geträumt habe. Es ist schon sehr lange her, ich weiß nur, damals war ich noch verheiratet und meine Scheidung ist schon über zwanzig Jahre her. Seitdem lebe ich allein.
Auch damals war mir irgendwie bewusst, der Traum ist wichtig und hat eine Bedeutung!
Eine gute Freundin, der ich von diesem immer wiederkehrenden Traum erzählte, riet mir: „Geh doch mal zu einem Traumdeuter, was hast du zu verlieren?“
Ich wies den Vorschlag weit von mir, glaubte an sowas generell nicht: „Das sind doch alles nur Scharlatane, die wollen auch nur mein Geld.“
Trotzdem lies mich der Gedanke nicht los.
Und wie es der Zufall manchmal so will, oder das Schicksal seine Hände im Spiel hat. Ein paar Tage später, nachdem meine Freundin mir den Rat gegeben hatte, las ich ein Plakat, das bei meinem Friseur im Schaufenster hing.
„Sommerfest in Dorf Kraven mit Musik, Tanz, Karussell, Kasperle-Theater, Wahrsager, Traumdeutung und vielem mehr.“
Kraven war das nächstgrößere Dorf und der „Rummel“, wie die Einheimischen ihn nannten, fand jedes Jahr am Ende des Sommers statt.
Mir stach sofort das Wort „Traumdeutung“ ins Auge und ich beschloss, am Samstag einen Versuch zu wagen.
Es war ein herrlich, warmer Spätsommertag, als ich in Kraven ankam.
Die typische Jahrmarktsmusik hörte ich schon von weitem, als ich mich mit meinem E-Bike dem Dorf näherte.
Ich schloss mein Rad schon kurz nach dem Ortseingang an und ging den Rest zu Fuß. Es war noch früher Nachmittag, trotzdem strömten schon viele Menschen zum Rummelplatz, vor allen Dingen Eltern mit ihren aufgeregten Kindern.
Langsam schlenderte ich durch die Gasse der Buden und Fahrgeschäfte, von meinem Wahrsager war nichts zu sehen? Am letzten Fahrgeschäft stand noch ein kleiner Wohnwagen, der anscheinend einem der Schausteller zur Übernachtung diente.
Doch dann öffnete sich die obere Hälfte der Tür und eine ältere, verhärmte Frau mit Kopftuch  erschien in der Öffnung. Sie blickte mich mit ihren grauen Augen durchdringend an und fragte mich dann plötzlich: „Du möchtest wissen, was dein Traum zu bedeuten hat?“