Langsam folge ich ihm, da er aber einen gewissen Vorsprung hat, hole ich ihn erst an der Tür zu seinem Arbeitszimmer im ersten Stock des Hauses ein. Den Raum, den er gerade aufschließt, habe ich noch nie betreten. Er öffnet mir die Tür und wir beide treten ein. Sofort schließt er die Tür wieder hinter sich ab. Mein erschreckter Blick bleibt nicht unbemerkt. „Keine Angst, ich möchte nur nicht, dass wir gestört werden. Siehst du, ich lasse den Schlüssel stecken und du kannst jederzeit den Raum verlassen.“ Mir ist unheimlich, meine Knie werden weich, und in meinem Magen entsteht eine gewisse Leere. Ich weiß, dass ich diesen Raum sofort fluchtartig verlassen sollte, denn es ist unheimlich, aber auch faszinierend, ja spannend.
Was wird passieren fragt ich mich, obwohl es mir natürlich klar ist: Dieser verheiratete Gentleman mit der Freundin seines Sohnes in diesem abgeschlossenen Raum. Als er mir wieder tief in die Augen sieht, weiß ich, dass ich alles machen werde was er will, nicht aus einem Zwang heraus, sondern weil ich es wirklich möchte. Wo ist die selbstbewusste junge Frau geblieben, die ich sonst bin? Wir stehen immer noch an der Tür und er gibt mir Gelegenheit den Raum zu betrachten. Durch die geschlossenen Vorhänge ist das Zimmer in ein gedämpftes, warmes Sonnenlicht getaucht. Alles ist stilecht und antik. Rechts steht eine wuchtige lederne Sitzecke, und die hölzernen Bücherschränke an den Wänden passen gut zu dem großen, mit Schnitzereien versehenen Schreibtisch, der frei im Raum steht.
Am auffälligsten ist aber der riesige Spiegel mit dem reich verzierten Rahmen, der die Wand gegenüber dem Schreibtisch einnimmt. „Komm.“ sagt er nur leise und führt mich zum Schreibtisch. Den Stuhl schiebt er zur Seite und so komme ich mit dem Rücken zur Tischplatte zu stehen. Er steht mir unbeschreiblich nahe gegenüber, sagt immer noch kein Wort, sondern berührt mich nur zart mit den Händen an meinen Schultern.
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