Vielleicht, so hoffte er, ergab sich nach dem Essen noch eine Gelegenheit, aber, gestand er sich ein, eigentlich war er nicht der Typ, der Frauen ansprach, sie anmachte, sie aufriss. Er war eher jemand, der angesprochen werden wollte, was leider sehr selten geschah, doch gerade an diesem Abend geschah etwas, das zumindest sehr ähnlich war. Er war schon beim Dessert und spürte die Wirkung der Alkoholika, die seinen Verstand leicht eingenebelt und ihn in eine recht gute Stimmung versetzt hatten, als die Frau aufstand. Er bemerkte es sofort, weil er gerade in ihre Richtung geschaut hatte und nun schien sie ihn auch zu bemerken, denn sie kam auf ihn zu, ging aber leise lächelnd an seinem Tisch vorbei, genauso wie schon beim Frühstück, nur das sie diesmal nicht zum Ausgang ging, sondern zu den Toiletten, obwohl sie, um dorthin zu gelangen, nicht an seinem Tisch hätte vorbeigehen müssen. Aber sie hatte es getan, weil sie noch etwas anderes getan hatte, das ihn wieder sehr überraschte. Diesmal war es nicht eine Bemerkung, sondern der eng gefaltete Zettel, der neben seinem Teller lag.
„Woher kennt die meine Zimmernummer,“ ging es ihm durch den Kopf, als sich die erste Überraschung gelegt hatte. „Meinte die das so, was da geschrieben stand? Was will sie von mir? Vermutlich Geld, alles andere wäre zu schön, um wahr zu sein.“ Er sah auf die Uhr. Es war kurz nach acht. Bis neun hätte er Zeit, Zeit genug, um sein Essen in aller Ruhe zu beenden. Aber, warum dieser Zettel? Warum hatte sie ihn nicht angesprochen. Sie hätten alles in einem kurzen Gespräch klären können. Er hätte sie sogar zum Nachtisch eingeladen. Er würde warten, bis sie von der Toilette zurückkäme und sie dann ansprechen. Aber sie kam nicht und es war schon Viertel vor neun. Er sollte jetzt auf sein Zimmer gehen und sie auf jeden Fall erst einmal empfangen, diese seltsame Frau mit ihrem unkonventionellen Zettel.
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