Ich hatte nicht viel mehr in meinem Gepäck als eine enge Jeans und ein T-Shirt in frischem Gelb. Darin sah ich blendend aus und wusste das. Nina trug ein weisses Kleid, das ich an ihr noch nie gesehen hatte. Das Abendrot tauchte die Gegend in mystische Farben, es duftete nach Heu und mich beschlich ein Gefühl von Wonne und Glück. Der Alpenstock war eine einfache Berghütte mit einer grossen Veranda. Hinter den milchigen kleinen Fenstern tobte das Leben. Alle möglichen Geräusche drangen uns entgegen – und als Nina die schwere Tür aufstiess, waren wir mittendrin. Einen Moment lang war es totenstill, alle Blicke ruhten auf uns. Glücklicherweise waren wir nicht die einzigen Frauen. Scheu war hier niemand. Die Brüste der Kellnerinnen platzten beinahe aus den Blusen; da und dort war sogar der halbmondförmige Rand eines Nippels zu sehen. Sie stemmten wuchtige Tabletts mit Bierkrügen durch den Raum und versorgten die Senner mit Flüssigem. Es wurde gerülpst, geflucht, gejodelt, gescherzt und gegrölt. Unterschwellige Geilheit waberte im Raum, so als müsste man bei einer Flasche mit Apfelwein, der ein Jahr lang vor sich hin gegärt hatte, nur noch den Zapfen entfernen. Nina und Doris mischten sich sofort unter die Leute. Nina war nicht zum ersten Mal auf der Alp. Sie zog mich hinter sich her und stellte mich dem Silberen Senn, dem Jäs, dem Doktor Tuet und dem Stucky vor. Es wurde ein Kartenspiel ausgegeben, und ehe ich mich versah, war ich eine von ihnen. Ich spielte gut, denn ich erfasse Kartenspiele schnell. So verschaffte ich mir ein wenig Achtung; die verwitterten Gesichter der Typen, die alle aussahen wie Keith Richards, grinsten mir freundlich zu. Mit den Augen suchte ich Doris. Nach Längerem entdeckte ich sie; sie verhandelte mit den Musikern.
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