Silvia saß an der Flughafenbar und schlürfte gelangweilt einen Cocktail. Sie schaute auf die große Anzeigentafel über den Abfertigungsschaltern und musste missmutig feststellen, dass ihr Flug nach Sidney schon zum zweiten Mal um eine Stunde verschoben wurde. Sie war bei dem Gedanken, dass sie zwölf Stunden im Flugzeug verbringen sollte sowieso nicht begeistert, aber jetzt auch noch die ewige Warterei auf dem Flughafen. Von ihr fast unbemerkt hatte sich ein Mann neben sie an die Bar gesetzt. Erst als er eine ungewöhnliche Drinkmischung bestellte wurde sie aufmerksam und dachte nach, wo ihr diese “Giftmischung“ schon einmal begegnet ist. Plötzlich wurde sie blass, dann rot, ihre Halsschlagader schwoll an und mit einem Ruck drehte sie sich zu dem Mann um und rief:
„ Mark!? Mark, du Halunke! Wo hast du dich herumgetrieben. Als ich dein Spezialrezept für den Drink hörte, unbewusst deine Stimme dazu addierte, schließlich meine grauen Zellen anstrengte, konnte nur eines dabei rauskommen: Mark Long! “
Sie schaute ihm in seine tiefen blauen Augen, die noch etwas ungläubig schauten und plötzlich wie in Erkenntnis einer großen Theorie aufblitzten.
„ Silvia! Mensch, dass ich dich noch einmal in meinem Leben treffen würde, hätte ich nicht gedacht! Als du damals nach Australien gegangen bist und ich in die USA zurückging war ich fest davon überzeugt, dass wir uns nie wiedersehen. Gut siehst du aus! Wie lange haben wir uns nicht gesehen, warte mal. Fünfzehn Jahre? Nein, nein, achtzehn Jahre ist das jetzt her. Und, bist du dem Journalismus treu geblieben oder was treibt dich sonst zurück in die Heimat? “
Silvia hatte kein Auge von ihm gelassen als er auf seine sehr charmante Art und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen erzählte und fragte. Nun gab sie sich einen Ruck und musste erkennen, dass er von seiner Faszienation, die er schon immer auf sie gehabt hatte, nicht eingebüßt hatte und sie voll in seinen Bann zog. Er spürte das und strich ihr unwillkürlich über die Hand, die sie auf der Bar ruhen ließ.
´ Oh wie er lächelt, und diese Augen, dieser feine Mund, seine schwarzen Haare. ´ dachte sie, zwang sich dann aber schnell von diesen Gedanken weg und erinnerte sich wie sie im Streit auseinander gegangen waren. Wüst hatten sie sich beschimpft, hatten sich angeschrieen; sie waren zwei Vulkane, feurig, kurz vor dem Ausbruch. Bevor sie sich für immer trennten hatten sie noch eine stürmische Liebesnacht, die Krönung ihrer sexuellen Exzesse und das Ausleben aller ihrer erotischen Phantasien. Auch daran erinnerte sie sich und auch er sah sie an als ließe er gerade diese Nacht Revue passieren. Beide sahen sich lange an und rissen dann ihre Blicke wie auf Kommando voneinander los. Silvia und Mark schwelgten noch eine Weile in Erinnerungen, sprachen darüber wie es ihnen in der Zwischenzeit ergangen war und dann blickten beide auf die Anzeigentafel. Beide Flüge, ihrer nach Australien und seiner in die Staaten waren gestrichen worden.
„ Scheiße! “ riefen beide wie verabredet, schauten sich an und fingen an zu lachen.
„ Was machen wir jetzt? “ fragte Mark und schaute Silvia tief in die Augen.
„ Schau mich nicht so an! Ich für meinen Teil werde erst einmal meine Familie in Australien anrufen und mich dann um einen neuen Flug kümmern. Und was machst du? “
„ Ich werde das Gleiche tun! Wollen wir uns dann noch kurz treffen und etwas essen? “ fragte Mark.
„ O.k.! In einer Stunde wieder hier? “ fragte Silvia.
„ O.k.! “
Eine Stunde später saßen beide wieder an der Bar und tranken, lachten und unterhielten sich sehr angeregt. Plötzlich beugte sich Silvia vor und küsste Mark sanft und flüchtig auf die Lippen. Sie erschrak und auch ihn durchzuckte es. Er fasste sie bei den Handgelenken und hielt sie so fest, dass sie anfingen zu schmerzen. Er sah das Zucken um ihren Mund und ließ locker. Sie sahen sich wissend und begierig an, dann sagte er:
„ Das dürfen wir nicht tun! Ich bin verheiratet, glücklich verheiratet und meine Kinder sind mein ein und alles. “
„ Ich weiß! Auch ich bin verheiratet, zwar nicht mehr so glücklich, aber immerhin verheiratet!“
„ In zwei Stunden geht mein Flieger, hoffe ich jedenfalls, und wenn ich in den USA ankomme will ich meiner Frau mit gutem Gewissen gegenübertreten. Sie vertraut mir und ich habe sie noch nie enttäuscht, obwohl ich schon zigmal die Gelegenheit gehabt hätte sie zu betrügen. “
sagte Mark und ließ sie wieder los.
„ Ich weiß und ich will es auch gar nicht, aber unsere letzte Nacht damals war einzigartig. “
„ Ich erinnere mich auch oft daran! Du hast es genossen wenigsten eine Nacht lang Macht über mich zu haben und ich habe es genossen dir vollkommen ausgeliefert zu sein. Ich spüre heute noch die Schmerzen an den Handgelenken, von den Handschellen mit denen du mich an die Bettpfosten gefesselt hattest. Die Füße waren sanft mit Tüchern an die unteren Bettstangen gebunden und du hattest mir nur den Slip angelassen. Du hast mich fast wahnsinnig gemacht als du mich immer mehr gereizt hast aber einen bestimmten Teil meines Körpers bedeckt und unberührt gelassen hast. Ich spüre heute noch deine Fingernägel, die sich in meine Brust krallten und wie du mir die Haare auf der Brust fast ausgerissen hast.“
„ Stop! “ sagte Silvia, „ wir wollen doch die alten Geschichten ruhen lassen. Wobei ich zugeben muss, dass es auch für mich sehr reizvoll war. “
„ Wieso? Ich denke, erinnern ist nicht verboten und die Gefühle meiner Frau kann ich dadurch nicht mehr verletzen. Ich erzähle aber nicht weiter wenn du es nicht willst. “
Silvia schaute verstört drein und sagte dann:
„ Doch erzähl weiter, ich mag es wenn du positive Gedanken an mich hast! “
„ Gut, wenn du willst. Ich glaube wir haben auch nie darüber gesprochen wie es für mich in dieser Nacht war, denn als du langsam immer näher mit dieser riesigen Schere kamst und ich dir völlig ausgeliefert war, war es ein Gefühl das ich nicht beschreiben kann. Ich hatte Angst, war voller Spannung und Erwartung und gleichzeitig kribbelte mein ganzer Körper. Erinnerst du dich, wie du mit den Spitzen der Schere sanft in meinen Bauchnabel gestochen hast und dann mit ihnen langsam auf meiner Haut bis zum Gummi meines Slips gefahren bist und ihn dann durchgeschnitten hast. Die Spannung in meiner Hose ließ zwar etwas nach aber dafür wurde die innere Spannung fast unerträglich. Als du dann noch de beiden Beingummis durchgeschnitten hattest war es befreiend und gleichzeitig ungeheuer fesselnd für mich. Sag ruhig wenn ich aufhören soll! “
„ Nein, nein! Erzähl ruhig weiter, es erregt mich heute noch und solange nichts passiert zwischen uns ist es wohl legitim, denn es ist unsere Erinnerung, unsere ganz persönliche Erinnerung! “ sagte Silvia und schaute ihn verträumt an.
„ Du hattest es geschafft meinen Slip nur noch wie einen alten Fetzen aussehen zu lassen und der größte Fetzen hing wie ein Kondom auf einem Laternenpfahl. Ich glaube du hattest den Stoff in zwanzig oder fünfundzwanzig Streifen geschnitten, nur den größten hast du dir bis zum Schluss aufgehoben. Mit den Zähnen hast den Fetzen dann von dem Mast genommen und hast angefangen meinen strammen Freund einzuölen. Ich riss an den Fesseln aber du hast mich nicht los gemacht sondern hast dich auf mich gesetzt. Kerzengerade hast du auf mir gesessen und deine strammen Brüste warfen einen großen Schatten auf mein Gesicht, das sich in Verzückung wie im Schmerz zuckte. Lange hast du mich warten lassen, ehe du dann angefangen hast mich zu reiten und es war das Größte was ich je erlebte. Ich glaube … “ Martin wurde von dem Klicken der Anzeigetafel unterbrochen und er sah, dass sein Flug aufgerufen wurde. Er schnappte seine Tasche, küsste Silvia im Vorbeigehen auf die Wange und flüsterte ihr ins Ohr:
„ Es war schön dich wiederzusehen. Auch wenn wir doch wieder ein erotisches Abenteuer hatten brauchen wir kein schlechtes Gewissen haben, denn der Seitensprung war nur gedanklich und die Gedanken sind frei. Ich liebe meine Frau und sie vertraut mir und ich habe ihr Vertrauen nicht enttäuscht obwohl ich es beinahe getan hätte. So long Baby, bis irgendwann einmal. “
„ Bis dann, Sonyboy! “ sagte Silvia und schaute ihm voller Verlangen nach. Dann bestellte sie sich noch einen Drink und eine Träne lief ihr über die Wange.
Der imaginäre Seitensprung
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