Der letzte Versuch

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Der letzte Versuch

Der letzte Versuch

Reneé Hawk

Ich werde mich bei dir melden, irgendwann, wenn ich wieder Zeit habe, sagst du mir unverblümt.
Wenn du wieder Zeit für mich hast, werde ich keine mehr für dich haben, antworte ich dir.
Es ist schon lange her, dass wir uns das letzte Mal sahen. Hier in unserem Stammcafé. Deine Unruhe steckte mich förmlich an. Nervös rutschte ich auf dem Stuhl hin und her und schaute dich dennoch hoffnungsvoll an, erwartend, dass du mir erzählst wie es dir geht. Deine Augen, dein Gesicht und dein Körper schwiegen mich einfach nur an, füge ich noch hinzu.
Keine Reaktion von dir.
Damals wußte ich, dass es mir nicht gelingen würde, dich zu fesseln und zu halten. Du würdest mir durch die Finger gleiten wie Wassertropfen. Und aufhalten? Nein, es wäre ein unmögliches Unterfangen, sage ich und nippe an meinem Milchkaffee.
Dein Verhalten spiegelte deine ruhelose Seele wider, denke ich und schaue dich durchdringend an.
Du schweigst immer noch. Verlegen rührst du in deiner Kaffeetasse. Und vor meinem geistigen Auge flimmern Bilder auf, die ich mit gemischten Gefühlen betrachte.
Es ist schon sehr lange her. Du warst erfolgreich als Künstler und hattest ein freundschaftliches Verhältnis zu mir aufgebaut. Oft trafen wir uns in diesem kleinen Bistro und redeten über deine Ausstellungen. Kunst und Weltansicht, das waren primäre Themen für dich. In mir sahst du damals das Mädchen, das dich verehrte, dich in ihren Himmel hob und alles für dich tat. Doch meine Liebe erkanntest du nicht. Für dich war ich eine Muse. Eine Inspiration.
Doch einen letzten Versuch wollte ich starten, dafür liebte ich dich zu sehr um dich kampflos in der Masse zu verlieren. Und so klingelte ich eines Abends an deiner Wohnungstür. Knackend fragte mich die Gegensprechanlage wer ich sei und lächelnd nannte ich meinen Namen. Mit dem Geräusch des Summers öffnete ich die Haustür und ließ mich von der Kühle des Hausflurs empfangen.
Deine Wohnung, mir von vielen Besuchen bekannt, lag im dritten Stock. Langsam nahm ich Stufe für Stufe, die Hürde zu deinem Herzen. Der Mantel klaffte bei jedem Schritt auf und ließ mein nacktes Knie hervor blitzen. Die High-Heels klackerten bei jedem Schritt auf der Marmortreppe.

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