Corina und Fabienne waren unzertrennlich. Daher erstaunte es auch nicht, daß die beiden gemeinsam gespart hatten für den Malkurs, der an der Volkshochschule ausgeschrieben war. Erwartungsfreudig saßen sie im Atelier und stellten kichernd fest, daß sie bei weitem die jüngsten Teilnehmerinnen waren.
Der Kursleiter kam etwas zu spät, räusperte und entschuldigte sich: Das vorgesehene Modell war verhindert und es galt, eine »Verlegenheitslösung« zu finden. »Wir haben ja zwei junge Frauen hier« ließ sich ein Kursmitglied vernehmen. Corina und Fabienne war noch nicht ganz klar, was da vorging. »Würde sich eine von euch beiden zur Verfügung stellen? Wir beginnen mit dem Torso.« So selbstverständlich kam diese Aufforderung; Corina fühlte, daß alle Blicke auf ihr ruhten. Sie trug ein bauchfreies Top, das sich über ihren Brüsten spannte und wußte mit einem Mal, was von ihr erwartet wurde. Da gab es wohl nur eins: Flucht nach vorn. Corina stand auf. »O.K.; aber unter einer Bedingung: Ich will mein Kursgeld zurück. Dann könnt ihr mich meinetwegen malen.« Ein längerer Applaus war die Folge; es waren immerhin gegen 30 Teilnehmer im Raum.
»Corina!« Fabienne war zutiefst errötet, was dem älteren Herrn neben ihr nicht entging. «Stellt euch doch beide zur Verfügung, da ist doch nichts dabei und für Deine Kollegin ist die Sache so einfacher, schlug er vor.
Fabienne stutzte. Mußte sie sich jetzt in diesem Atelier vor all den Menschen, die sie noch nie gesehen hatte, ausziehen? Es waren vor allem ältere Männer da, die alle ihr Vater hätten sein können. Schon als Kind war Fabienne mit einer benachbarten Familie nach Norddeutschland zum FKK gefahren, aber das hier war wohl nicht dasselbe, oder? »Komm!« Entschlossen war Corina aufgestanden und machte sich der Stuhlreihe entlang auf den Weg nach vorn. Zögernd folgte ihr Fabienne. »Kommt gut, Mädchen«, sagte der Kursleiter halblaut, »hier lang«.
Der Malkurs
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