Aber so war es nun mal, der Vorstand hatte entschieden und auch der Betriebsrat war trotz seiner Proteste weitgehend machtlos. Sein Projekt, das angeblich so dringend war und ihn so viel Kraft und Zeit gekostet hatte, landete zu seinem Glück, aber auch zu seinem Ärger in der zweiten Gruppe. Ihm blieb noch die Hoffnung, aber er musste postwendend seinen ganzen Jahresurlaub beantragen, da er bisher wegen der angeblichen Dringlichkeit seines Projektes noch keinen einzigen Tag Urlaub genommen hatte. Nun stand er also vor dem Problem, volle sechs Wochen so rasch wie möglich zu verbraten, denn was nach dem Jahresende noch übrig war, verfiel. Seine Frau war naturgemäß unabkömmlich und eine gemeinsame Ferienreise, sofern er sie überhaupt in Erwägung gezogen hätte, stand gar nicht zur Diskussion. Er wollte aber auf keinen Fall sechs Wochen lang untätig zu Hause herumsitzen, konfrontiert mit der permanenten Unsicherheit und dem Neid auf die überbeschäftigten Kollegen. Er kam zu dem Schluss, dass er unbedingt eine Ablenkung brauche, dass er möglichst weit wegmüsse, um dem ganzen Scheiß hier für eine Weile zu entfliehen. Deshalb traf es sich günstig, dass ihm ein Zettel am Schwarzen Brett der Kantine auffiel. Ein Kollege aus der Kategorie drei, also einer mit Urlaubsverbot, suchte verzweifelt jemanden, der seinen bereits gebuchten und bezahlten Urlaub übernehmen könnte. Er sprach den Kollegen an und ließ sich ein paar Einzelheiten schildern. Fünf Wochen Thailand, eine Woche Rundfahrt, dann vier Wochen Strandurlaub in Pattaya. Er wisse doch, was ihn da erwarte, fragte ihn der Kollege vorsichtshalber. Nicht so recht, war seine Antwort. Das würde er vor Ort schnell merken, meinte der Kollege, der einerseits wegen seines entgangenen Urlaubs sichtlich enttäuscht, andererseits aber froh war, dass er noch Arbeit hatte und weiterhin gutes Geld verdienen würde und vor allem, dass er doch noch jemanden gefunden hatte, der seinen Urlaub übernahm.
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