Desaster

Hochhausromantik - Teil 3

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Desaster

Desaster

Yupag Chinasky

Bisher war er wenigstens noch da und sie konnte mit ihm reden, auch wenn er sie meistens schroff abwies und ihr klar machte, dass er selbst genug Probleme habe, was ja auch stimmte. Doch diese Flucht, diese Feigheit, wie sie fand, ärgerte und kränkte sie, sie fühlte sich verschaukelt und in keiner Weise verstanden. Ihre Beziehung litt massiv und sank auf einen noch nie da gewesenen Tiefpunkt. Doch dieser sollte nochmals unterschritten werden, allerdings war er da schon weg, auf Rundreise in Ostasien. Auslöser der, wie sich zeigen sollte, existentiellen Beziehungskrise war ein technischer Defekt. Sie konnte ausgerechnet an einem Wochenende ihren Laptop nicht mehr starten, der Akku war leer und das Ladegerät hatte den Geist aufgegeben. In ihrer Not, sie musste dringend einige e-mails im Zusammenhang mit der Heimsuche für ihre Eltern erledigen, nahm sie den Laptop ihres Mannes, was sie normalerweise nicht getan hätte, denn beide respektierten die Privatsphäre des anderen, aber dies war ein Notfall. Sie bearbeitete ihre Mails, surfte eine halbe Stunde im Internet und wollte den Laptop schon wieder ausschalten, als ihr ein Thumbnail auffiel, eines dieser winzig kleinen Vorschaubilder. Es zeigte zweifelsohne das Gesicht ihres Mannes, aber nicht nur sein Gesicht. Sie klickte darauf und öffnete das Bild. Da lag er, auf einer roten Decke, grinste etwas dämlich in die Kamera und hielt mit einer Hand offensichtlich ein Handy mit dem anderen Arm hielt er eine Frau umklammert, eine kleine, schwarze Frau, fast noch ein Kind. Beide waren nackt. Ihr erster Gedanke ging in Richtung Kinderprostitution, aber es war kein Kind, das sich eng an ihn kuschelte und fröhlich, wenn auch etwas angestrengt in die Linse schaute. Sie klickte noch ein paar weitere Bilder der Serie an, dann schloss sie wütend den Deckel des Laptops.
Der Urlaub in Thailand war nicht so, wie er ihn sich vorgestellt hatte.

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