Du bemerkst, dass ich geistig abwesend bin.
„Es ist alles so traumhaft schön und am liebsten würde ich hier nicht mehr weggehen!“, antworte ich dir auf die Frage, ob alles ok ist. Damit du spürst, dass jedes gesagte Wort auch genauso gemeint ist, drehe ich mich zu dir und belohne dich für alles mit einem langen Kuss.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es Zeit ist zu gehen. Ich muss noch zu mir, duschen und umziehen, bevor es dann wieder zum BER geht.
Wehmütig löse ich mich aus deiner Umarmung, suche meine Sachen zusammen und ziehe mich an. Dann krame ich die Kopie meines Flugplanes aus meiner Handtasche und lege sie auf den Wohnzimmertisch. Mit „Bis morgen, ich liebe dich!“, lasse ich dich wehmütig an der Wohnungstür zurück.
Mit verliebtem Kribbeln im Bauch fahre ich nach Hause und freue mich jetzt schon auf unser nächstes Wiedersehen. Aber erstmal hat mich der Alltag zurück.
Tobi, so geht’s weiter: Was war das gestern für ein schöner Abend. Ich bin mir sicher, mit Kathi die Frau gefunden zu haben, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Jede Minute mit ihr ist wie ein Traum, alles ist wunderschön und leicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es etwas geben könnte, dass wir zusammen nicht schaffen können.
Kurz nach neun kündigt ein leises Ping eine Nachricht auf meinem Handy an. Sie ist von dir.
„Mein lieber Schatz! Ich vermisse dich! Leider können wir uns heute nicht sehen. Ich muss für eine Kollegin einspringen und werde erst Freitag am späten Nachmittag zurück sein. Aber dann freue ich mich auf ein schönes Wochenende mit dir.“
Leicht enttäuscht drücke ich den Sperrbildschirm an. Natürlich habe ich mich auf den Abend mit dir gefreut. Aber bei deinem Job ist klar, dass so etwas immer mal wieder vorkommen kann. Jeder kann mal krank werden.
Den ganzen Tag warte ich auf neue Nachrichten von dir. Aber offensichtlich findest du keine Zeit, um welche zu schreiben und zu schicken.
Abends lenke ich mich mit Lesen ab. Mit dem Tablett in der Hand liege ich auf meiner Terrasse und genieße die Abendsonne. Schade, dass du nicht bei mir sein kannst. Die Nacht ist ruhig.
Der Freitag ist ziemlich unspektakulär, bis mich eine neue Nachricht kurz von der Arbeit ablenkt.
„Werde um 16.25 Uhr landen. Ich komme aus Rhodos. Ich beeile mich und komme dann zu dir, wenn das ok ist.“
„Kann‘s kaum erwarten dich zu knuddeln!“, schreibe ich knapp zurück.
Ich will dich überraschen und dich am Flughafen abholen. Passend zum Plan mache ich pünktlich Feierabend und besorge einen großen Strauß langstieliger, roter Rosen. Am BER angekommen, muss ich mich erst zurechtfinden. Eine vorbeieilende Stewardess frage ich, wo denn die Crews ankommen. Nachdem ich ihr den Grund verraten muss, zeigt sie lächelnd auf eine Tür im Hintergrund.
Bis zur Ankunft der Maschine gehe ich auf die Aussichtsplattform. Vielleicht kann ich deine Maschine landen sehen. Zäh ziehen sich die Minuten, bis ich deinen Flieger gemütlich einschweben sehe. Das es deiner ist, erkenne ich am Emblem der Airline. Ich verfolge mit meinen Augen den Weg des Flugzeuges. Durch Zufall ist euer Stellplatz ziemlich genau vor der Aussichtsplattform.
Die Gäste steigen die Gangway hinab. Einer nach dem anderen bilden eine endlose Kette von leicht bekleideten Körpern. Auf Rhodos scheint es sehr warm gewesen zu sein. Eine Weile später dann die ersten Crewmitglieder.
Aber dich sehe ich noch nicht.
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