Nico versicherte ihr, dass er sich Mühe geben und dann auch etwas Raffinierteres als heiße Würstchen auf den Tisch bringen werde (von seinem eigenen vielleicht abgesehen). Über Sex wurde nicht gesprochen, nicht mal andeutungsweise, obwohl man spüren konnte, dass das Thema beiden auf den Nägeln brannte. Es lag in der Luft, stand zwischen den Zeilen. „Süße Träume“, hatte sie ihm zur Nacht noch gewünscht, aber, selbst wenn das eine eindeutige Anspielung gewesen sein sollte, griff er sie nicht auf, freute sich beim Einschlafen einfach nur über die neue Bekanntschaft, dazu noch mit so einer süßen kleinen Maus. Endlich nicht mehr ganz allein.
Christine empfand genauso.
*
Dann kam der Samstag: Wochenende. Für ihn hatte es schon lange keine Bedeutung, aber für Christine hieß es, frei zu haben. Kein Homeoffice heute. Nico konnte sich mittags seinen wöchentlichen Ausgang nehmen. Leider hatten sie unterschiedliche Zeitfenster, sonst hätte man wenigstens ein heimliches Treffen arrangieren können, auch wenn es riskant gewesen wäre. Es gab jetzt überall diese Kontrolleure in Zivil. „Corona-Sheriffs“ wurden sie im Volksmund genannt. Bei unerlaubten Kontakten riskierte man Ausgangssperren und empfindliche Geldstrafen, bei schweren Verstößen, wenn man sich in Gruppen traf oder in Wiederholungsfällen, konnte man auch für mehrere Wochen ins Quarantänelager gesteckt werden – die gab es jetzt überall. Laut Umfragen stimmten über 70% der Bevölkerung dem zugrunde liegenden Regierungserlass wegen der extremen Gefahrenlage zu. Nur so konnten nach allgemeiner Ansicht rücksichtslose, uneinsichtige Gefährder des langwierigen Stabilisierungsprozesses zur Räson gebracht werden.
Es versprach, ein strahlender Sommertag zu werden. Schon um halb acht hatte das Thermometer auf Nicos Balkon 22 Grad angezeigt. Kein Wölkchen trübte den Himmel. Sofort nach dem Aufstehen hatte er nachgesehen, ob sie schon draußen war.
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