Die Reise nach Lyon

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Die Reise nach Lyon

Die Reise nach Lyon

Yupag Chinasky

Er musste nach Lyon fahren, sein Beruf erforderte es, warum er aber Cecile dort treffen wollte, wusste er später selbst nicht mehr so ganz genau, jedenfalls war es das Dümmste und Folgenschwerste, was er in seinem Leben je gemacht hatte. Dabei fing die ganze Sache so unkompliziert und sehr leidenschaftlich an. Er, ein Mann in den besten Jahren, wie man so sagt, ungebunden, unverheiratet, sein Beruf erlaubte ihm einige Freiheiten und sein Einkommen ermöglichte ihm ein sorgenloses Leben. Er war alleinstehend, aber selten allein. Wenn ihn der Drang überkam, den ein Mann nun einmal hat, kannte er einige Adressen, sie reichten von guten Freundinnen bis zu guten Nutten. Dazu kam, dass er sich gerne im Internet in entsprechenden Foren tummelte, um neue Bekanntschaften zu machen, aber auch um sich zu erleichtern, wenn ihm nicht nach ausgehen zu Mute war. Dort hatte er auch Cecile kennengelernt, in einem Forum, wo einsame Wölfe geile Rehe oder wilde Tigerkatzen asthmatische Grizzlybären jagen. Sie hatte ihm gefallen, die Bilder auf ihrer Seite waren sehr ansprechend und die, die sie ihm später privat zuschickte, noch viel mehr. Eine hübsche junge Frau, so Anfang zwanzig, mit langen, blonden Haaren und einem perfekten Körper. Das hätte natürlich nicht gereicht, um ihn zu elektrisieren oder gar bei der Stange zu halten. Nein, es war eine Besonderheit, die sie auszeichnete und die ihm gefiel. Es waren ihre Worte, ihre Bereitschaft, sich auf ihn einzulassen, ihre Gabe, sich ihm darzubieten, ihn geil zu machen, sich selbst unersättlich erscheinen zu lassen. Das was sie ihm schrieb, begeisterte und erregte ihn. Cecile war anscheinend in einer schwierigen Lebenslage, ohne feste Beziehung, aber mit großem Hunger nach Liebe und er war für sie der Mann, der Mann, den sie wollte, in den sie sich verliebt hatte, den sie mit ganzem Herzen und mit allem, was ihr Körper hatte, begehrte, so ihre Worte. Eine Frau, die ihm ihre Seele offenbarte, wie er es noch nie zuvor erfahren hatte, die unbedingt die virtuelle Liebe auskosten wollte, die er ihr anbot und die bereit war, alles, aber auch alles zu geben, was man im virtuellen Raum geben konnte. Schon bald, nachdem sie sich gefunden hatten, schwebten sie durch diesen Raum wie zwei Engel, die die nicht nur die himmlische, sondern die profane irdische Liebe entdeckt hatten, voller Gedanken, Worten und Werken, die kein Beichtvater vergeben hätte. Er hatte keine Zweifel an dem, was sie ihm sagte, zumal er dasselbe fühlte und ihr auch das gab, was sie wollte und sie so sehr, sehr glücklich mache, so ihre enthusiastischen Worte. Das Seltsame, ja das Einmalige an dieser Beziehung war, dass diese Worte aber nie ausgesprochen wurden, dass sie nur in geschriebener Form existierten, denn da beide die Sprache des anderen nicht beherrschten, übersetzten sie ihre Worte mit Hilfe und Google Translate. Es war wohl auch dieser Umstand, der sie für ihn einmalig machte, obwohl er seine anderen Beziehungen deswegen keineswegs aufgab, aber telefonieren oder gar per Video chatten war tabu. Es fehlte ihnen beiden nichts, da neben den Worten auch ein Austausch von sehr eindeutigen Fotos erfolgte, der beide zusätzlich erregte. Der Frau genügte die virtuelle Sphäre vollauf, sie hatte nie den Wunsch nach körperlicher Liebe geäußert, nie vorgeschlagen, sie zu treffen, genau so wenig, wie sie je Geld von ihm wollte. Er war sich sicher, dass sie keine Betrügerin war, die ihre unlauteren Absichten hinter geheuchelter Liebe versteckte.

Doch dann ergab es sich, dass er nach Lyon fahren musste und Cecil wohnte dort, in einem Vorort oder Stadtteil. Warum sie nicht besuchen, fragte er sich in einer spontanen Eingebung, ein Überraschungsbesuch, unangemeldet, das erhört die Spannung und vielleicht auch ihre Bereitschaft, die Scheinwelt durch körperliche Erfahrungen zu ergänzen. Wenn sie vor vollendete Tatsachen gestellt wird, kann sie nicht ablehnen, so seine Logik. Die Gelegenheit war günstig, er könnte ein paar Stunden von seinen Terminen abzwacken, man braucht ja nicht viel Zeit, um sich kennenzulernen. Noch besser, er hasste fliegen, und da er deswegen am Vortag anreisen musste, würde er gleich zu ihr gehen. Im TGV nach Lyon, eine schnelle, direkte Verbindung sowohl für seine geschäftlichen Termine wie auch für einen unkomplizierten Besuch. In ein paar Stunden hin, vielleicht nur ein paar Stunden mit ihr, vielleicht eine ganze Nacht oder auch die beiden Nächte, die er eingeplant hatte, vielleicht würde er sogar noch einen Tag dranhängen, auch das wäre keine Problem, und dann in ein paar Stunden wieder zurück. Danach könnten sie mit noch mehr Hingabe und Begeisterung Liebe per Computer machen. Ein bisschen Wahrheit beflügelt jede Phantasie. In seinen Träumen malte er sich aus, wie er vor ihrer Tür steht, ein schickes Appartement in einer angesagten Gegend. Sie wäre überrascht, das war ja Teil seines Planes, doch dann wäre sie glücklich und sie würden sich lieben, noch schöner, noch intensiver, als bisher, real statt virtuell, sie würden ihre Liebe neu erfinden, neu gestalten und voll auskosten, diese wahnsinnig aufregende Liebe, diesen Sex aus dem Off. Sie würden endlich das tun, was beide schon so oft beschrieben und in Gedanken immer wieder vollzogen hatten. Mit der Absicht, ihr ein paar ganz besonders heiße DVDs zu schicken, hatte er ihren vollen Namen und ihre Adresse erfahren, die Telefonnummer wollte sie ihm trotz seines Bittens nicht verraten.

Dann kam der Tag seiner Abreise, er saß im TGV, erster Klasse, und war nervös. Über seine Absicht, sie zu besuchen, hatte er nichts verlauten lassen, obwohl er manchmal gedacht hatte, dass die Überraschung nicht klappen könnte. Vielleicht war sie gar nicht zu Hause oder sie lebte mit einem Mann zusammen und eine richtige Verabredung wäre doch besser. Dann dachte er, er könnte versagen, wenn es wirklich ernst würde, dass er vielleicht diese Frau mit einer so maßlosen Phantasie und einem so unersättlichen Drang nach Sex gar nicht befriedigen könnte. Jedenfalls holte er sich einige Fläschchen Rotwein aus dem Speisewagen, genug, um sich den Mut anzutrinken, den er brauchte, um das zu tun, was er vorhatte. Als er in Lyon den Zug um etwa 16 Uhr verließ, hatte er auf einmal Hunger. Er wollte aber in kein Restaurant gehen, das würden sie später gemeinsam nachholen. Auch ein Hotel würde er jetzt nicht suchen, es gab genügend und vielleicht brauchte er ja ein Doppelzimmer. Stattdessen setzte er sich gleich in ein Taxi und nannte dem Fahrer die Adresse. Der schien etwas überrascht zu sein, sagte etwas, was er aber nicht verstand, seine Kenntnisse des Französischen war weniger als rudimentär, er nickte nur, der Fahrer startete den Motor, der Wagen setzte sich in Bewegung. Vielleicht, dachte er, nachdem sie schon eine ganze Weile unterwegs waren, wäre es gut gewesen, wenigstens eine große Vorstellung zu haben, wo diese Straße lag. Dann hatte das Taxi aber das Ziel erreicht, ein reichlich schäbiger Wohnblock zwischen einer Bahnlinie und einer bewaldeten Höhe. Er zahlte, der Fahrer fragte etwas, vermutlich, ob er warten solle, doch er schüttelte den Kopf und so sah er denn rasch die roten Rücklichter hinter der nächsten Kurve verschwinden. Nun dann, sagte er sich, das Abenteuer kann beginnen und das tat es auch.

Auf dem großen Tableau der Klingelknöpfe fand er ihren Nachnamen. Sollte er klingeln oder bis zum Schluss konsequent sein, auch für ihn selbst die Überraschung weiter voran treiben. Die Haustür war offen und aus der Anordnung der Klingelknöpfe konnte man schließen, dass die Wohnung im fünften Stock war, dem Letzten. Der Aufzug funktionierte nicht und so machte er sich auf den Weg im Treppenhaus und durchquerte einige unterschiedliche Zonen an Gerüchen und Geräuschen. Es war ganz offensichtlich, dass in diesem Wohnblock Ausländer lebten, vielleicht nur Ausländer, die Namen auf den Klingelschildern klangen jedenfalls reichlich exotisch. Es war nicht die Wohnung, die er erwartet hatte und er bekam neue Zweifel. Wie konnte diese junge Frau mit den seidenen blonden Locken und dieser engelgleichen Figur hier wohnen? Als er endlich im fünften Stock angekommen war, etwas außer Atem und schwitzend, denn er hatte ja auch noch seinen Koffer dabei, obwohl der klein und nicht schwer war, suchte er die Wohnung mit ihrem Namen, fand sie auch sogleich, die Adresse stimmte also. Man hörte Geräusche durch die Tür, Rufe, etwas klirrte. Noch einmal tief Luft holen, sagte er sich und dann fiel ihm ein, dass vielleicht ein Blumenstrauß angebracht gewesen wäre oder eine Schachtel mit Pralinen, aber daran hatte er nicht gedacht. Er klingelte.

Erst geschah nichts, nur die Geräusche verstummten. Er klingelte noch einmal, die Tür wurde halb geöffnet, dann sah er sie, ein junges Mädchen, fast noch ein Kind, vielleicht fünfzehn, eher weniger. Es war jedenfalls nicht Cecile, das war klar, nicht einmal ihre Schwester. Dann die Haut des Mädchens war sehr dunkel und statt der langen, blonden Haare, hatte sie einen schwarzen Wuschelkopf. Ihr Gesicht war auch nicht gerade hübsch, eine breite Nase, volle Lippen und eine billige Nickelbrille auf der Nase. Sie trug ein weites rosa T-Shirt mit der Aufschrift "j t aim", das ihre Figur kaum erahnen ließ und die Jeans, die unter dem Knie endeten, waren ebenfalls sehr reichlich. Hinter ihr, wenn sie ein Kleid angehabt hätte, sozusagen an ihrem Rockzipfel, stand ein kleiner Junge, ebenfalls sehr dunkel, vermutlich ihr Bruder. Ob er Cecile sprechen könne, fragte er ziemlich verunsichert. Wie passte Cecile zu diesem Mädchen, vielleicht war sie zu Besuch. Das Mädchen wurde sichtlich verlegen, stotterte, sagte etwas, das er nicht verstand und das ablehnend klang. Er zuckte mit den Schultern, sie wiederholte die Worte, er schüttelte den Kopf. Sie schauen sich ein Weilchen ratlos an, dann schickt sie sich an, die Tür wieder zu schließen. Aber so rasch gab er natürlich nicht auf. "Mama?", dann "Papa'?", das waren Worte, die sie verstehen musste. Sie schüttelte wieder den Kopf, deutete dann auf sich und hob die Hand, zwei Finger standen ab, dann deute sie auf sich und den kleinen Jungen, der ihn furchtsam anschaute. Zwei Geschwister, überlegte er, es gab kein Drittes, keine Cecile, vielleicht lebte sie doch nicht hier. Ein letzter Versuch, wieder sagte er langsam und deutlich "Je veux voir Cecile." Wieder das Kopfschütteln, wieder das verlegene Lächeln, nur noch deutlicher und wieder der Versuch, ihm die Tür vor der Nase zuzumachen. Da kam ihm eine Idee. Er beschwichtigte das Mädchen mit einer Geste, bot ihr Einhalt, holte sein Handy aus der Tasche und suchte ein Bild seiner Cecile. Sie lächelte ihr allerschönstes Lächeln, ein Engel, sein Engel. Er zeigte das Bild dem Mädchen. Sie schaute es konzentriert an, sagte nichts, schaute ihn nicht einmal an, zögerte aber, die Tür endgültig zu schließen. Er scrollte weiter, suchte nach ein paar harmlosen Bildern, fand aber keine, es gab nur wenige, die man jedem hätte zeigen können, dafür fand er die Adresse, die er auch abgespeichert hatte. Er hielt sie ihr unter die Nase, deutete auf den Namen auf dem Monitor und dann auf das Schild an der Tür. Auf einmal fing das Mädchen zu seiner großen Überraschung an zu weinen, dicke Tränen rannen über die Wangen, sie schluchzte und trat zur Seite, machte den Weg frei, eine eindeutige Aufforderung an ihn, einzutreten.

Die Wohnung, die er nun betrat, war eng und müffelte. Das Mädchen öffnete die Tür zu ihrem Zimmer, der Einrichtung nach zu schließen, ein typisches Zimmer für ein Mädchen ihres Alters. Dort stand auf einem kleinen Schreibtisch ein Laptop. Bevor sie ihn einschaltete ging sie mit ihrem Bruder hinaus und kam allein zurück, dann rief sie den Messenger auf und schon bald sah die Korrespondenz, die sie noch am Tag zuvor geführt hatten. Ihm blieb nur noch, auf sie zu deuten und Cecile zu sagen. Sie nickte schuldbewusst und schlug die Augen nieder. Das war mehr als eine Überraschung, das war ein Schlag und er suchte einen Platz um sich zu setzen. Es gab nur einen Stuhl, auf dem das Mädchen saß und so setzte er sich auf das schmale Bett mit einer bunten Patchworkdecke und einem großen Plüschkissen mit einer Mickymaus. Aber zumindest waren nun ihre Sprachprobleme behoben, sie konnten ja beide gut mit dem Übersetzungsprogramm umgehen. Cecile entschuldigte sich wortreich, es sei unverzeihlich, was sie getan habe, er sei immer so nett zu ihr gewesen, sie habe ihn hereingelegt und verarscht, aber wenn sie gewusst hätte, dass er eines Tages vor ihr stehen würde, hätte sie das nie, niemals getan. Dann ging er an den Laptop, wollte aber nur wissen, woher sie denn die ganzen Liebestechniken kannte, die sie beschrieben hatte und die Gefühle, die sie so echt geäußert hatte, jedes Wort habe er ihr geglaubt. Sie klärte ihn auf, indem sie ein paar Pornoseiten anklickte und einen Liebesfilm auf youtube, auch wenn er die Worte nicht verstand, war klar, was die beiden Liebenden sich zu sagen hatten. Was für ein raffiniertes kleines Biest, dachte er, was für eine perfekte Täuschung. Nun hätte er einfach gehen können, hätte ein paar Worte zum Abschied in den Laptop tippen können, hätte sagen können, dass die Liebe zwischen ihnen jetzt wohl beendet sei. Er tat es nicht, er blieb, neugierig geworden und auch beeindruckt von ihrer Phantasie und ihren Ideen, wollte er doch noch etwas mehr über dieses Mädchen erfahren. Ihre Motivation, wie sie auf die Idee gekommen sei, was sie sich davon versprochen habe. Und, seltsamerweise, als sie ihre Antworten eintippte und er neue Fragen stellte und sich der Dialog fast ungewollt, fast wie von selbst in die Bahnen dirigierte, die beiden nur zu gut vertraut waren, kamen auf einmal Gefühle in ihm auf, die besser nicht aufgekommen wären. Er sah nun, als er auf den Bildschirm starrte, wieder die Frau vor sich, die sie ihm vorgegaukelt hatte. Sie stammten von der Homepage eines ihr unbekannten Mädchens, das sehr freizügig über ihr Privat- und Intimleben berichtete. Andere Details hatte sie von ihren Pornoseiten übernommen und in einem einfachen Bildprogramm so bearbeitet, dass die Bilder eine Einheit darstellten. Er war voll darauf reingefallen und hatte nie Zweifel, dass seine Cecile echt war, eine Frau, die ihn verführerisch anlächelte, sich auszog, ihre intimsten Stellen zeigte und ihn mit ihrer Freizügigkeit und Begierde verrückt gemacht hatte. Die echte Cecile, es war ihr richtiger Name, er hatte sie gefragt, scrollte die bekannten und ein paar neue Bilder vor ihm ab und seine Fragen erschienen auf dem Bildschirm und ihre Antworten und die Worte waren die bekannten und sie erregten eine Lust, die deutlich zu spüren war. So vermischte sich das Bild der schönen, hellen, blonden Cecile, so wie er es kannte, mit dem Bild der kleinen, hässlichen, dunklen Cecile. Seine Begierde, die er auf der ganzen Fahrt sorgsam gepflegt hatte, behielt ihre Dynamik und richtete sich nun auf dieses junge Mädchen, dieses unschuldige Kind mit der enormen Phantasie. Entsprechend waren die Worte, die er formulierte und genau so waren, die Worte, die sie eintippte. Vielleicht gibt es eine Aura, die jemand spüren kann, wenn er dazu bereit und in der Lage ist, eine Aura die Auskunft gibt über die Stimmung und die Bereitschaft und den Willen und die Absicht, die eine Person in eben diesem Moment hat. Jedenfalls waren in diesem Mädchenzimmer zwei Personen, die ja schon bewiesen hatten, wie gut sie sich verstanden und die mit genau diesen Antennen ausgestattet waren und die genau diese Signale aussandten. Das Mädchen hatte, bei ihrem seltsamen Dialog gesagt, sie sei achtzehn, sehe nur noch so jung aus, sie sei aber schon eine perfekte Frau und alles, was sie ihm bisher geschrieben habe, jedes Wort, sei wahr gewesen, sie habe nur andere Bilder verwendet, weil er sonst die Beziehung bestimmt abgebrochen hätte. Aber jetzt sei er da und sie sei froh, dass er da sei, weil sie ihn liebe, ganz ehrlich und es ihm auch zeigen wolle. Sie habe sich nur deswegen so seltsam verhalten, weil sie so überrascht war und dann auch Angst gehabt hatte, er würde sie bestrafen, weil sie ihn so reingelegt hatte oder gleich wieder gehen. Er sei genauso wie sie ihn sich vorgestellt hatte und sie liebe ihn und er solle sie ficken, hier und jetzt, weil sie sich nichts schöneres vorstellen könne, als ihre Jungfräulichkeit ihm zu geben, dem Mann, den sie liebe und immer lieben werde. Ihre Eltern würden erst spät kommen und ihren Bruder habe sie schon gleich nach seiner Ankunft vor den Fernseher gesetzt, der würde sich von dort nicht mehr wegbewegen. Sie wolle ihn unbedingt ficken, denn wenn sie dann wieder allein sei, hätte sie eine wunderbare Erinnerung und er auch und sie könnten mit ihrer Liebe fortfahren.

 

 

Es gibt Konstellationen, da versagt jede Vernunft. Sie entwickeln eine Eigendynamik, die nicht mehr zu steuern ist. Alle Warnsignale werden übersehen, alle Hindernisse ausgeräumt, alle Zweifel verdrängt. So war es in diesem engen Mädchenzimmer mit dem Bett und der bunten Decke und vor allem mit dem Mädchen, das noch keine fünfzehn war, sich aber als Achtzehnjährige ausgab, weil sie die einmalige Chance sah, ihre Phantasie in der Realität zu beweisen. Und dann der Mann, der alle Sicherungsschalter ausgeklinkt hatte, der nur dieses nackte Fleisch vor sich sah, erst auf dem Monitor, dann auf dem Bett, denn sie hatte sich, etwas unbeholfen aber zielstrebig ausgezogen. Sie lag auf dem Bett und lud ihn mit Gesten und Worten ein, sich auch auszuziehen und das zu tun, was beide so dringend wollten. Vielleicht wäre alles so abgelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte und er hätte sich darauf eingelassen und sie hätten es getan, vielleicht auf eine Weise, die keinem geschadet hätte, vor allem nicht ihrer Jungfräulichkeit, vielleicht hätten sie sich dann getrennt und weiter aus der Ferne geliebt, beflügelt und animiert, und es wäre nichts als ein sehr aufregendes, sehr ungewöhnliches Erlebnis gewesen, das sonst niemanden interessiert hätte, weil es nicht ihre Zweisamkeit verlassen hätte. So hätte es kommen können, wenn nicht, ja, wenn nicht ausgerechnet an diesem Tag der Vater des Mädchens früher von der Arbeit nach Hause gekommen wäre, weil er einen Migräneanfall erlitten hatte, einen den er zu genüge kannte und wo er dann sein Heil nur in der eigenen Wohnung finden konnte. Er betrat die Wohnung, wunderte sich, seinen Sohn vor dem Fernseher zu sehen, wunderte sich noch mehr, als er von ihm hörte, Cecile habe Besuch, einen Fremden, einen weißen Mann. Er klopfte kurz an die Tür ihres Zimmers, öffnete sie dann sogleich und sah, wie dieser Besuch nackt und mit erigiertem Penis vor dem Bett stand, auf dem seine Tochter lag, ebenfalls nackt, die Beine breit und die Augen verdreht., Beide waren so in Trance, waren wie die Auerhähne und -hühner, die nichts mehr wahrnahmen, was um sie herum geschah, wenn sie balzten und somit eine leichte Beute des Jägers waren. Sie hörten nicht, wie ihr Jäger eintrat erst sein markerschütternder Schrei holte sie in die Wirklichkeit zurück.

Der Rest ist rasch erzählt. Die Faktenlage war eindeutig, die Polizei führte ihn ab, er saß einige Zeit in Untersuchungshaft, dann kam es zum Prozess und er wurde wegen verschiedener Anklagepunkte zu einer Haftstrafe von ein paar Jahren verurteilt. Strafmildernd war, dass der Akt noch nicht vollzogen und das Mädchen immer noch Jungfrau war. Strafverschärfend war die seltsame Vorgeschichte, die das Gericht kaum glauben wollte, aber die Dialoge auf dem beschlagnahmten Laptop waren eindeutig und zählten als Beweis. Auch virtueller Sex mit Minderjährigen ist strafbar. So endete die Fahrt nach Lyon in einer Tragödie für beide, denn auch das Mädchen bekam seine Strafe, nicht vom Gericht, aber von seinem Vater, der unbedingt wieder eine anständige Frau aus ihr machen wollte, mit allen schlimmen Konsequenzen für einen jungen, frühreifen Teenager, der nur seinen Trieben nachgegeben hatte.

 

 

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