Die Thurgauerin

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Die Thurgauerin

Die Thurgauerin

Anita Isiris

Im Sommer waren es meistens Frauen, mit Körben bewehrt, die besagte Erdbeerfelder leer ernteten, für 4 Schweizer Franken das Kilo.

Zurück zu Hanna. Am kommenden Morgen duschte sie sich ausgiebig, rieb ihren Luxuskörper mit Nivea Lotion ein und zog ihr bestes Kleid, das Gelbe mit den grünen Bordüren, an. „Gefalle ich Dir?“, lächelte sie ihrem Mann zu. Viktor knurrte zustimmend, ging auf seine Frau zu und umarmte sie innig. Mit seinem Schnauzer sah er ein wenig aus wie Kaiser Wilhelm, und seine Gesichtsbürste verlieh ihm eine gewisse Autorität, die er im Alltag ganz gut nutzen konnte.

Er begleitete seine Frau ins Spital in einem Nachbarkanton – an jenem Morgen hatte er noch kaum gearbeitet; der Tag war noch sehr jung. Hanna zog es aber vor, rechtzeitig vor Ort zu sein, eigentlich auch, um alles möglichst rasch hinter sich zu bringen. Die Spitallobby war menschenleer, Hanna setzte sich, blätterte in einer Illustrierten, Viktor, ihr Göttergatte, in der Tageszeitung.

Endlich erschien mit energischem Schritt eine Krankenschwester und komplimentierte das Paar in den Lift am anderen Korridor-Ende. Das geräumige Gefährt nahm Geschwindigkeit auf und hielt abrupt im 4. Stock. Hanna und Viktor, beide lebenserfahren, drückten sich gegenseitig die Hand, schweigend, und suchten das Stationszimmer. „Darf ich... Ihr Gepäck?“ Scheu, klein und unscheinbar erschien neben dem energisch einherschreitenden Ehepaar der dunkelhäutige junge Serino, die Pflegehilfe. „Wie am kenianischen Bahnhof“, lachte Viktor dröhnend. Aber niemand lachte zurück. Serino war sich derlei Sprüche gewohnt. Er war ein herzensguter Kerl und wollte nichts anderes, als dieser Frau, der neuen Patientin auf der Station O 1, den Spitalalltag zu erleichtern. Er steuerte mit dem Koffer, den Viktor getragen hatte und mit Hannas Tasche auf das Eckzimmer zu, das sehr viel Licht versprach. So war es denn auch.

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