Die Thurgauerin

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Die Thurgauerin

Die Thurgauerin

Anita Isiris

Thurgauerinnen gehören zu den wirklich schönen Frauen auf unserem Planeten – solange sie schweigen. Reden sie, vernehmen wir ein eigenartiges gutturales Röcheln, den so genannten Thurgauer Dialekt. Er lässt allen Anwesenden das Blut in den Adern gefrieren. Die Thurgauerinnen wissen das wohl selbst, weshalb sie meistens schweigen, um ihre Vorzüge zur Geltung zu bringen: Dichtes, meist dunkles Haar, oft liebevoll zu Zöpfen geflochten. Ein ebenmässiges Gesicht mit grossen, ausdrucksvollen Augen. Einen langen Hals, den zu küssen zum Sinnlichsten gehört, was das Universum zu bieten hat. Denn alle Thurgauerinnen duften nach frisch gepflückten Äpfeln, ein genetisches Phänomen. Thurgauerinnen haben auch, was ihre Brüste angeht, etwas zu bieten. Appetitliche, glockenförmige Kronjuwelen nennen sie ihr Eigen, und Thurgauerinnen lieben es, wenn man sie streichelt, die Glocken. Der Bauch der Thurgauerin ist ein absolutes Naturwunder. Nicht allzu muskulös, nicht allzu straff, sondern weich, weiblich, warm. Und Thurgauerinnen, die meisten von ihnen jedenfalls, nennen eine hübsche, meist mit schwarzen Löcklein behaarte Vulva ihr eigen. Um die hübsche Vulva einer Thurgauerin geht es in der folgenden Geschichte.

Es begab sich gegen Ende der 1970er Jahre, dass Hanna, die Frau vom Seehofbauern, ins Spital eintreten musste. Es handelte sich um eine Bagatelle, ein kleines Muttermal unter der linken Brust, das sie entfernen lassen wollte, denn sicher ist sicher, dachte sie sich. Sicher ist sicher, dachte auch ihr Mann Viktor, der seine Hanna sehr liebte und sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen konnte. In der Nacht vor dem Spitaleintritt küsste er noch einmal zärtlich besagtes Muttermal, drückte seiner Hanna einen weiteren Kuss auf ihre hohe Stirn, drückte ihre Hand und schlief ein. Die Arbeit auf dem Hof war mehr als anstrengend; der Seehof gehörte zu den seltenen Gehöften, zu denen Obstbäume, Rinder, Milchvieh, Schweine, Hühner, Kartoffel- und auch Erdbeerfelder gehören.

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