Die Versuchung

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Die Versuchung

Die Versuchung

Jo Diarist

„Er will noch mit dir reden“, sagt sie und sieht meine schmutzigen Hände. „Geh ins Bad, die Tür gleich gegenüber, und wasch dir die Hände.“
`Ok, reden, reden ist ok´, sagte ich mir, brachte die Werkzeugkiste ins Auto und wusch mir im Bad die Hände.
Steffi wartete schon in der Wohnzimmertür und winkte mich hinein. Vor dem laufenden Fernseher, saß im Rollstuhl ihr Mann. Steffi drehte ihn mir zu und er lächelte mich an.
Lächeln hm, das war es eigentlich nicht. Seit dem Schlaganfall ging das nicht mehr so und es geriet eher zu einem schiefen Grinsen.
„Gnehht de Spülli wieer?“, fragte er und ich hatte Mühe seine Frage zu verstehen.
„Ja, läuft wieder. War nur die Pumpe, wie vermutet.“
„Hm, hmm“, machte er und gab seiner Frau ein Zeichen.
Sie griff sich den Rollstuhl und fuhr ihn zu Tür. Im Vorbeifahren sagte er zu mir:
„Snei, niiieb su ihhh“, und schon waren sie zur Tür hinaus.
`Nein, nicht schon wieder! Ich habe doch gesagt, es geht nicht´, stöhnte ich innerlich auf und blieb doch wie angewurzelt stehen.
Steffi kam wieder und lachte leise auf, als sie mich sah.
„Was ist, du siehst so panisch aus?“, fragte sie.
„Naja, ich weiß nicht, was du, was ihr von mir erwartet. Ich hatte doch …“
„Ich erwarte gar nichts von dir. Wünsche mir nur, dass du mir noch ein bisschen Gesellschaft leistest. Mir zuhörst … und keine Angst, ich trete dir nicht zu nahe.“
Ich holte tief Luft, setzte zu einer Erwiderung an, doch Steffi kam mir zuvor:
„Ich mach mir einen Glühwein warm, willst du auch einen?“
„Nein ich muss noch fahren.“
„Na dann bekommst du einen Kinderpunsch. Bin gleich wieder da.“
Mir war heiß und kalt. Alles in mir schrie: Flüchte! Geh jetzt, bevor etwas geschieht, was du bereust. Vielleicht ist sie in die Küche gegangen, um mir genau diese Möglichkeit zu geben. Noch ist es Zeit.
Nichts, ich blieb stehen, als hätte mich ein Bann beschlagen.
Als Steffi mit den zwei dampfenden Tassen zurückkam, stand ich unverändert da.

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