Diese verdammte Nacht mit Vivian

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Diese verdammte Nacht mit Vivian

Diese verdammte Nacht mit Vivian

Yupag Chinasky

Er habe früh erkannt, dass die lokale Rinderrasse mit ihrem schmackhaften, fettarmen Fleisch, sich sehr gut in der Hauptstadt vermarkten ließ. Er habe klein angefangen, mit einer kleinen Hazienda, daraus habe er aber im Laufe der letzten Jahre ein richtiges Imperium geschaffen, mit eigener Zucht, eigener Mast und eigener Schlachtung. An jedem Werktag fahre ein Kühllaster voller Steaks die sechs Stunden bis in die Hauptstadt und bringe auf dem Rückweg Kraftfutter mit, dass man trotz der üppigen Weiden immer noch brauche, dazu Antibiotika und Vitamine und all die anderen Lebensmittel, die es hier nicht gab, wie Obst, Gemüse, Fisch, Meeresfrüchte. Da diese Waren immer ganz frisch seien, profitierte nicht nur die Bevölkerung von der guten Versorgung, sondern vor allem einige Lokale. Ob er wisse, fragte der Bürgermeister, dass es nur noch in der Hauptstadt mehr Sternerestaurants als hier gäbe, die wegen ihrer Qualität und ihrer niedrigen Preise rege besucht würden, vor allem von auswärtigen Gästen, die oft eine sehr lange Anfahrt auf sich nähmen. Der Rinderbaron war also ein wichtiger Mensch, der größte Steuerzahler ohnehin und er habe sofort zugestimmt, als er ihn um Hilfe gebeten habe. Kultur, so spöttelte der Bürgermeister, sei wirklich nicht sein Ding, aber weil er ein cleverer Geschäftsmann sei, habe er erkannt, dass die Berichterstattung über einen berühmten Schriftsteller, der in seinem Restaurant zu Gast ist, sehr nützlich sein konnte. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn dort auch die Lesung stattfinden würde, aber das habe er nicht zugelassen, so der Bürgermeister, die Schule als Ort der Kultur sei gewählt worden und damit basta.

Die Lesung hätte mit der üblichen Routine über die Bühne gehen können, eine der vielen Lesungen, die der Schriftsteller schon gegeben hatte und die nicht unwesentlich zu seinem Lebensunterhalt beitrugen.

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