Die stinkende Bovistin

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Die stinkende Bovistin

Die stinkende Bovistin

Stefanie A. Drissen

Daß ich das gar nicht bemerkt hatte: sie war in einer leisen, wellenförmigen Bewegung, sie starrte mich aus tausend wutrollenden Augen an, diese Tapete! Jetzt hörte ich hinter mir ein Geräusch: irgend etwas Behaartes, Langschwänziges war mit einem Riesensatz vorn Schrank auf die Lampe gesprungen, schaukelte, mit allen Vieren dran hängend, auf und ab, und biß plötzlich in den krachenden Glaszylinder hinein, daß das Licht sofort auslöschte; - um Gottes willen, nur fort, jetzt mußte man fortlaufen!
Ich stürzte an die Tür, ich riß sie auf und trat mit einem mannshohen Fußtritt ins Dunkel. Das saß! Die Kerle fuhren schreiend zurück, der ganze Korridor war voll von ihnen: Pilze, Pilze, lauter übermenschengroße Pilze drängten sich wackelnd im Korridor und traten einander auf die Füße. Faust voran, stürmte ich in sie hinein, ich trat mit dem Absatz nach allen Richtungen, ich mußte durch, bis zur Außentür! Die Kerle zerbrachen mit schwarzem Rauche, es war zum Ersticken! - und immer neue Rotten wackelten im Gänsemarsch heran. Endlich war ich an der Tür. Gott sei Dank, es hing keine Kette vor, ich war draußen.
Ich nahm immer vier Treppenstufen auf einmal, hörte unten Stimmen, und ging dann gesetzt und langsam an den Nachbarsleuten vorüber. Durch viele Straßen ging ich, ich mußte immer schneller gehen, und lief endlich durch einen Park, wo ich auf einer Bank in der Nachtkühle zusammenbrach. Eine Gaslaterne durchschien theaterhaft die nächsten Zweige. Ich griff in die Tasche ... ich Idiot! damit die Polizei mich am Leichenhaar zu fassen kriegte! Aber in der Tasche gab es kein Haar mehr. Als ich meine Handfläche ans Licht hob, konnte ich nur ein wenig schwarzen Staub darauf erkennen. Ich blies ihn in die Luft. Gebe Gott - aber was soll Gott mir noch? Daß ich mich nie mehr an einen stinkenden Weiberbovisten erinnere. -
Ab! Hier weg! Dem heimelig-beruhigenden Schlangenverlauf der Ruhr entlang! Und wieder zurück in die Freundes-Nester der Düdorfer Altstadt. Und saufen und vergessen! Mein Gott, ja, sagte ich schon - Ob er mir vergibt?

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