“ Erst glaubte Erwin, er hätte sich verhört. Kim lachte und rückte ihre smaragdgrüne Perlenkette zurecht. Wie zartgliedrig ihre Hände waren! Kim ging in eine Schule für Hochbegabte; sie war schon jetzt eine geniale Pianistin. Und dieses hochintelligente Mädchen war soeben mit Erwin eine Wette eingegangen, die den Rest des Sonntags für ihn würzen würde, und zwar scharf.
Die Gänge kamen und gingen; zwischendurch machte Erwin sich an seiner Kamera zu schaffen und knipste pflichtbewusst Familienfotos. „Süss ist er geworden, Euer Erwin!“ „Was studierst Du denn, Kleiner?“ „In welcher Mannschaft spielst Du...“ Die Routinefragen der Verwandschaft waren für Erwin weit weg – er dachte nur noch an Kim. Wie sie wohl aussah unter ihrem Kleid? Ob sie im Bauchnabel ein Piercing trug? Ob sie ihr Schamhaar getrimmt hatte? Splitternackt, hatte sie gesagt. Erwin wusste, was er zu tun hatte. Er musste Onkel Felix bei Laune halten – egal wie. Hinzu kam eine noch schwierigere Aufgabe: Er musste ihn am Trinken hindern. Allein schaffte er das kaum – allzu aktiv durfte er selbst nicht werden, da er sich vor Kim nicht lächerlich machen wollte. Also weihte er seine drei Cousins in einem von Kim unbemerkten Moment ein. „Nackt, glaubst Du wirklich? Wird sie nackt ein Rad schlagen?“ Mit tellergrossen Augen sahen sie Erwin an. Das Essensritual schritt voran, und die drei Jungs, Tom, Klaus und Reto, kümmerten sich rührend um Onkel Felix. Dieser grölte, gab Anekdoten zum Besten... aber von Schlaf keine Spur. Kim wurde etwas nervös; die Nachspeisen wurden aufgetragen. Ausser einem Löffel Tiramisù brachte sie keinen Bissen herunter.
Die Wette
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