DOLTSCHIN Teil 2

Für Tanja Für Stephy Für Dusty

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DOLTSCHIN Teil 2

DOLTSCHIN Teil 2

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Keomas Gesicht kam dem von Peter nun ganz nahe. Das blaue Licht seiner Augen hob jede Einzelheit von Dr. Boltons Zügen gnadenlos hervor: die scharf geschnittene Nase, den schmalen, verkniffenen Mund, die hohe, in tiefe Falten gelegte Stirn, den fliehenden Haaransatz, die buschigen, mit grauen Härchen durchsetzten Augenbrauen, die vielen, geplatzten Äderchen auf der weißroten Oberfläche seiner Augäpfel – all die kleinen Wegmarkierungen des einsetzenden Verfalls.
Keomas Stimme war leise, verschwörerisch:
„Doch warum ist das so, Peter? Warum muß es so sein, alter, sterbender Freund?
Es ist dieses Leben, dieses Dasein, das wir hier gezwungen sind zu führen, HIER – in dieser schlechtmöglichsten aller Welten. Dieses Dahinvegetieren innerhalb sinnloser Phrasen, hohler Attitüden und belanglosester Tätigkeiten – diese Farce, die wir gesellschaftliches, zivilisiertes Leben nennen. Welcher Widerspruch in sich selbst, mein Freund!
Zivilisiertes Leben! Zu lebenden Toten hat es uns gemacht.“
„Es ist immer noch dieser Kampf mit dem Engel, nicht wahr, Keoma? Sie liegen immer noch im Widerstreit mit Jakobs altem Engel..
Und es kostet sie sehr viel, es reißt ihre Identität buchstäblich in Fetzen, ist es nicht so?“
Keoma Lewis heulte auf. Er heulte laut und durchdringend auf – er schrie wie ein zu Tode gehetztes Tier im Dschungel. Seine Stimme erstickte in Tränen, Tränen wie funkelnde Diamanten.
„Oh ja, Peter! Es ist in meinem eigenen Körper; es ist grausam und abgrundtief häßlich..
Ich bin auf halbem Weg stehegeblieben; bin nicht mehr Mensch, aber auch noch nicht das, was ich schon damals sein sollte – was ich mir so sehr wünschte zu sein! Doch ich bin zu schwach, konnte ihr nicht standhalten.
Ich benutzte die Brücke, diesen Ausbund meiner Schwäche, und kehrte zurück in diese schwache Welt, die so sehr zu mir paßte; ich kehrte zurück als halbes, unfertiges Wesen, nach und nach aller Erinnerung und Stärke von CORAZON beraubt. Äußerlich gleich denen, denen ich in meiner Schwäche und Feigheit so sehr glich; doch innen, ganz tief innen bereit, alles zu tun..“

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