Doris und die Stones

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Doris und die Stones

Doris und die Stones

Anita Isiris

Doris wusste, dass sie es an jenem Oktoberabend tun würde – vorausgesetzt, es war genügend warm. Aufgeregt betrachtete sie sich nochmals im Spiegel, bevor sie sich auf den Weg zum Züricher Letzigrund-Stadion machte. Im Grunde mochte sie die Rolling Stones nicht besonders, stand eher auf Britpop-Bands. Hierzu kann man die Stones ja nun wirklich nicht zählen – obwohl sie (zusammen mit den Beatles) den Britpop natürlich mitbegründet haben… wie so manches andere auch.

Der blaue gerippte Pulli stand Doris ausgezeichnet ins Gesicht. Die Stromlinienform des Musters brachte ihre sportlichen Brüste zur Geltung; der Pferdeschwanz, zu dem sie ihr schwarzes Haar straffte, war das Tüpfelchen auf dem i.

Doris war verabredet mit einem ehemaligen Schulkollegen, den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sie wusste nur: Damals hatte sie ihn gemocht – sehr sogar. Ob Christian sich verändert hatte? Motorräder beeindruckten sie heute nicht mehr, zerrissene Jeans auch nicht. Christian brachte aber mehr rüber als nur das. Das war ihr sofort klar, als sie ihm gegenüberstand, mitten in der Menschenmenge vor dem Stadion. Sie erkannte ihn sofort wieder. Noch immer diese markante Nase, die grünen Augen. Noch immer diese Locken, die sie schon damals fasziniert hatten. Christian trug eine enge Lederhose und ein schwarzes T-Shirt mit dem feuerroten Stones-Emblem.

„Hey Dorä!" An dieser Stelle sei eine Frage erlaubt: Viele Schweizerinnen tragen wunderschöne Namen. Aber – wieso bloss kürzen sie sie auf derart hässliche Weise ab?" „Dorä" – diese Bezeichnung, die so klingt wie Emmentaler Käse riecht, verurteilt doch jede Erotik-Story zum Scheitern…

Mit langen Beinen stakste Christian auf Doris zu. Kurz blieben seine Augen an den Ihren haften, dann glitt sein Blick an ihr hinunter. Für den Bruchteil einer Sekunde fühlte sie sich splitternackt. Christian glühte in Vorfreude aufs Konzert. Ihr gegenüber verhielt er sich absolut cool – wie früher. Das machte sie kribblig – wie früher. Möglichst unauffällig rückte sie ihr Höschen zurecht, das ihr zwischen die Pobacken gerutscht war.

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