Dunja, das Streichelmädchen

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Dunja, das Streichelmädchen

Dunja, das Streichelmädchen

Anita Isiris

Dunjas Stimme. Ursache zahlloser feuchter Träume, und, ja, es sei hier erwähnt: Manchen männlichen Gonserdorfer Einwohnern ging glatt der Schuss ab, wenn sie Dunjas zarter, liebevoller Stimme lauschten. Dunja ahnte, aber sie wusste nicht. Dunja träumte, aber sie lebte nicht. Dunja, hoffte und sehnte sich. Sie sehnte sich nach ihren drei Schwestern, nach ihrer Mutter, nach ihren Tanten. Alle waren sie ihr abhanden gekommen, Chlamydien, Hepatitis und HPV sei Dank. Die Verstorbenen geisterten, so wollte es die Sage, auf dem Friedhof, der etwas ausserhalb des Dorfes lag, und Dunja hätte bezeugen können, dass in ganz bestimmten Nächten ihre Schwestern um die Grabsteine herumtanzten und -alberten. Nina, Senna, Sikrit. Wie sehr Dunja sie vermisste, hätte sie in keinerlei Sprache zu kleiden vermocht.
Es kam, wie es kommen musste. Die Frauen waren zwar tot, der Sexus, das männliche Verlangen nach weiblicher Wärme, loderte aber wie immer. Es loderte unauslöschlich, und das Verlangen projizierte sich nun auf die ahnungslose Dunja.
Sie lebte allein auf dem Hof ihrer verstorbenen Eltern, und während rundherum heilloses Chaos herrschte - welcher Mann ist schon imstande, den Hof zu wischen und die Kufen ordnungsgemäss aufzureihen -, war Dunjas kleine Heimat ein wahres kleines Paradies. Im Sommer blühte der Clematis, des Winters war der Feuerschein aus Dunjas kleiner Küche weitherum zu sehen. Während die einsamen Männer in der Umgebung trübselig kalte Grütze löffelten und sich zu später Stunde klamm in ihre Betten legten, durchlebte Dunja die Abende und Nächte einsam zwar, aber stets satt und stets in Wärme. Auch auf ihre Körperpflege achtete sie sehr, wusch sich immer gründlich und achtete penibel darauf, dass ihr lockiges Haupthaar zur Geltung kam. Zarte Zöpfe flocht sie hinein, zur Freude aller.

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Dunja, das Streichelmädchen

schreibt Huldreich

Liebe Anita Isiris! Seit Jahren - seit ich Erozuna entdeckte - bin ich von Ihren Geschichten aus Höchste entzückt, auch die neueste wieder hinreißend, ich freue mich auf noch ganz ganz viele in ihrer unnachahmlichen Art und Weise. Liebe Grüsse Ulrich Hermann

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