Ein Abend mit mir

Eine geheime Fantasie

31 9-14 Minuten 2 Kommentare
Ein Abend mit mir

Ein Abend mit mir

Chloé d'Aubigné

Es war kein klassischer Wunsch, begehrenswert zu bleiben oder etwas Verbotenes zu erleben. Ihr verborgener Traum war viel seltsamer, fast unmöglich auszusprechen: Sie wollte sich selbst begegnen – nicht im Spiegel, sondern wie eine Fremde, die alles von ihr wusste und doch das Unerwartete suchte. Ja, sie wollte mit sich selbst Sex haben – nicht sich selbst befriedigen, sondern mit sich selbst als Gegenüber.
Wie wäre es, wenn sie sich selbst verführen würde? Wenn sie genau wüsste, wie man sie zum Lachen bringt, ihre Unsicherheiten entwaffnet, ihre Sehnsüchte entfaltet? Wenn sie sich selbst berühren könnte, sich selbst fühlen dürfte? Wenn sie mit sich selbst Sex hätte, sich selbst zum geilsten Orgasmus ihres Lebens bringen würde?
Manchmal fragte sie sich, ob sie verrückt war – ein bisschen narzisstisch vielleicht, oder einfach gefährlich selbstverliebt. Aber dies entsprach sonst so gar nicht ihrem Naturell. Und tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es gar nicht um Eitelkeit ging, sondern um Neugier. Um den Wunsch, sich einmal ganz anders zu sehen und wahrzunehmen. Um das Verlangen zu spüren, wie es wäre, die eigenen Grenzen zu kennen und trotzdem immer wieder zu überraschen. Jede Nuance der eigenen Haut zu kennen – und sie dennoch neu zu entdecken.

Und während sie die Augen schloss, den Gedanken nachhing, spürte sie ein Flirren in ihrem Bauch. Ein Date – aber im wortwörtlichen Sinne mit sich selbst. All diese Gedanken, die ihr sonst peinlich waren, ließ sie nun zu. Und während sie sich gemütlich auf ihr Bett legte, nahmen die Bilder Formen an, die sich real anfühlten.
Sie stellte sich vor, wie sie aufwachte, den Tag voller freudiger Nervosität begann. Wie sie die Stunden zählte, wie sich das Gefühl von ein wenig Unsicherheit, aber auch Ungeduld in ihr ausbreitete.
Ihr war ganz klar, wohin sie sich selbst ausführen würde. Sie würden in das kleine französische Bistro gehen, das neu eröffnet hatte. Und welches sie noch nie besucht hatte, weil ihr die Begleitung dafür fehlte – und weil sie nicht alleine essen gehen wollte, da sie Angst hatte, angestarrt zu werden, wenn sie ganz alleine an einem Tisch saß. Dort würde sie bestellen können, worauf sie Lust hätte, ohne dass jemand ihre Wahl kommentieren würde. Sie müsste sich keine Gedanken machen, nur ja nicht zu teure Gerichte und Weine zu bestellen, sondern könnte wirklich frei wählen.

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Wunderschön

schreibt Intimox

Ich liebe deine Phantasie und die Art und Weise wie du sie ausdrückst 😘

So schön...

schreibt ETroisfils

Und so zart!

Gedichte auf den Leib geschrieben