Ein Abend mit mir

Eine geheime Fantasie

31 9-14 Minuten 2 Kommentare
Ein Abend mit mir

Ein Abend mit mir

Chloé d'Aubigné

Die Haustür fiel sanft hinter ihr ins Schloss, als sie nach Hause kam. Es war später geworden, als sie geplant hatte, doch die Zeit war wie im Flug vergangen. Sie musste an die letzten Stunden denken. Immer noch hallte das Lachen ihrer Freundinnen in ihren Ohren, dieses helle, beinahe jugendliche Lachen, das dazu geführt hatte, dass sie nicht nur etwas zu viel getrunken hatte, sondern dass sie sich auch so wundervoll leicht gefühlt hatte. Ja, sie hatte das Gefühl, für ein paar Stunden wieder siebzehn gewesen zu sein – unbeschwert, neugierig und unendlich weit weg von all den Rollen, die das Erwachsenenleben ihr übergestülpt hatte.
Sie streifte die Schuhe ab, ließ die Handtasche achtlos in die Ecke fallen und atmete tief durch. Es waren Abende wie diese, die ihr Energie gaben. Die dazu führten, dass sie sich so richtig lebendig fühlte.
Doch an diesem Abend hatte es auch einen Moment gegeben, welcher sie beinahe zum Stocken gebracht hatte. Denn irgendwann war die Frage gefallen, leise und in betrunkenes Kichern gehüllt: „Und, welche ist deine geheimste Sex-Phantasie?“
Sie war ausgewichen, wie so oft, wenn es um etwas wirklich Persönliches ging, hatte schließlich etwas halb Ernstes, halb Scherzhaftes gesagt – dass sie sich vielleicht noch einmal auf ein Abenteuer mit einem jüngeren Liebhaber einlassen würde, allerdings mit der Erfahrung von heute. Alle hatten gelacht, genickt, sich gegenseitig geneckt, und schon war das Gespräch zu einer anderen gewandert. Doch in ihr hatte diese Frage noch lange nachgehallt, denn sie wusste genau: Es war nicht die Wahrheit gewesen. Dies war nicht ihre geheimste Fantasie. Dies war nicht das, was sie sich wirklich wünschte.
Während sie langsam durch den Flur ging, spürte sie, dass der Abend eben diese Fantasie, die sie sonst so gut vor anderen, aber auch vor sich selbst verbarg, in ihr wieder freigelegt hatte. Es war ein Geheimnis, zu seltsam, zu zart, um jemals ausgesprochen zu werden. Eine Fantasie, die sie unendlich reizte – und die sie doch niemals jemandem anvertrauen würde. Ja, eine, die ihr selbst ein wenig peinlich war.

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Wunderschön

schreibt Intimox

Ich liebe deine Phantasie und die Art und Weise wie du sie ausdrückst 😘

So schön...

schreibt ETroisfils

Und so zart!

Gedichte auf den Leib geschrieben