Die Liebe aber bleibt

Ein Sommer mit Anita

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Die Liebe aber bleibt

Die Liebe aber bleibt

Anita Isiris

Nils war ein veritabler Frauenverschlinger. Möglich, dass ihn seine zahlreichen Griechenlandaufenthalte in seinem Tun bestärkt haben. Er war Kronos, dem kinderverschlingenden Urgott, gar nicht unähnlich. Zwischendurch fragte ich mich allerdings, was uns denn alle so verrückt machte nach ihm? Wieso ich eigentlich bereit gewesen war, auf sein Geheiss hin mit fremden Männern Liebe zu machen? Mir kühlen Retsina zwischen die Beine giessen zu lassen? Sei’s drum – ich habe dabei ja auch Lust empfunden.

Nils war ein abgefeimter Voyeur, und kein Trick, kein Vorwand war ihm zu primitiv oder zu dumm, wenn sich daraus ergab, dass er den Blick auf eine sich ausziehende Frau erhaschen konnte. Es war nicht Nacktheit, was Nils reizte, nein, es war das Ambiente, das eigentliche Tun, das langsame Aufknöpfen des Bademantels, das Tasten nach BH-Ösen, das Zurechtrücken des Höschens. Möglich, dass Nils alles, was darauf folgte – bis hin zu hemmungslosem Sex – gar nicht brauchte und „es“ nur tat, weil man es tat. Was er wirklich liebte, war nicht die Frau, sondern die Projektion der Frau. Ich, wir alle, waren für ihn also Projektionsfläche.

So auch Dea.

Dea stammte direkt aus Manila, und weil niemand von uns ihr Malayo-Polynesisches Idiom verstand, versuchte ich behutsam, ihr etwas Griechisch und Englisch beizubringen, was uns viel Spass machte, und sie hatte die Lacher oft auf ihrer Seite, wenn sie das eine oder andere Wort so betonte, dass man noch weniger verstand, als wenn sie ihren philippinischen Dialekt genutzt hätte. Erst viel später erfuhr ich, dass auf den Philippinen über 170 Sprachen gesprochen werden, was meinen Respekt vor Dea noch erhöhte.

Dea, Göttin, passte ausgezeichnet zu ihr, und passte ausgezeichnet hierhin, nach Griechenland, ins Land antiker Göttinnen.

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