„Ja, das bin ich.“
Sie hatte eine Schreibunterlage und einen Kugelschreiber dabei und hielt es ihm hin.
„Bitte, bleiben sie doch sitzen, würden Sie das bitte ausfüllen?“ Es war nicht unbedingt so, dass sie wirklich auf eine Antwort wartete. Sie drückte ihm das Schreibbrett und den Kuli in die Hand, drehte sich um und sagte im Weggehen:
„Bitte bei mir abgeben und dann ins Behandlungszimmer 2 gehen.“
Phillip füllte die beiden Papierbögen aus. Eigentlich waren alle Fragen mit „nein“ zu beantworten. Hätte man gefragt, ob er noch leben würde, wäre wenigstens ein „ja“ dabei gewesen. Er gab die Unterlagen an der Anmeldung ab, nahm seine Krankenkarte wieder entgegen und begab sich in den Behandlungsraum 2. Das Zimmer war funktional, aber doch irgendwie ansprechend eingerichtet. Ein aufgeräumter Schreibtisch mit 2 Stühlen davor und einem Drehstuhl dahinter und einige Bilder an der Wand machten das Gesamtbild etwas freundlicher. Ein dickes, mit Büchern gefülltes Regal war seitlich hinter dem Schreibtisch an der Wand platziert. An der gegenüberliegenden Wand stand eine Behandlungsliege. Phillip entschied sich, dort Stellung zu beziehen. Er machte es sich gemütlich und war doch tatsächlich einige Minuten später eingedöst.
„Das ist doch schön zu sehen, dass es noch Menschen gibt, die sich so richtig entspannen können.“ Weckte ihn eine Frauenstimme in angenehmen Alt. Er schlug die Augen auf, sah im ersten Moment niemanden. Bis sich ein Schatten über der Liege manifestierte und ihn ein lächelndes Gesicht mit einer modischen dunklen Hornbrille anlächelte. Was für ein Ereignis. Diese Frau war wunderschön. Dicke fast schwarze, lockige Haare, zu einem Messi-Dutt hochgesteckt, große braune Augen, volle Lippen, dezent geschminkt. Und groß war sie, wie sie leicht vornübergebeugt neben der Liege stand und zu ihm heruntersah. Sie berührte ihn leicht an der Schulter.
„Herr Jonkers?“, fragte sie, „ich bin Dr. Nawahl.“ Dann drehte sie sich um und ging zu ihrem Schreibtisch. Phillip rappelte sich auf und setzte sich auf den Rand der Liege. Dr. Nawahl hatte sich inzwischen in ihren Drehstuhl gleiten lassen. Phillip nutzte die Zeit zwischen Wachwerden und ihrer ersten Frage zu einer intensiven Begutachtung. Die Frau war die absolute Wucht. Er war sicher, ab jetzt öfter zum Arzt zu müssen. Unter ihrem weißen Arztkittel sah er ein sehr eng anliegendes weißes Shirt, das ihre Brüste eher noch zur Geltung brachte. Sie mochte Ende 30, Anfang 40 sein. Phillip sah auf ihre Hände. Kein Ring. Das hieß noch nichts, aber immerhin. Ihre Fingernägel waren rot lackiert. Auch ihre Lippen waren im gleichen Ton geschminkt. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah zu ihm herüber. Ein dezentes, aber eindeutiges Lächeln spielte in ihren Mundwinkeln eine kleine unhörbare Melodie der Zufriedenheit.
Ein Termin und die Frau Doktor
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Ein Termin und die Frau Doktor
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