Eine flüchtige Beziehung

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Eine flüchtige Beziehung

Eine flüchtige Beziehung

Yupag Chinasky

Die Zeit schreitet voran, noch eine gute halbe Stunde, dann hat er sein Ziel erreicht. Er dehnt sich, streckt die Beine weit von sich, macht seinen Rücken steif, dann entspannt er sich wieder und döst weiter vor sich hin.
Der Zug hält quietschend. Türen schlagen. Stimmen dringen bis in sein Abteil. Dann wird die Tür geräuschvoll aufgeschoben. Eine junge Frau tritt ein. Sie ist ganz in Schwarz, schwarzes Kostüm, enge Jacke, enger Rock bis zu den Knien, schwarze Strümpfe, schwarze Halbschuhe. Ein kleiner schwarzer Schleier verdeckt die Augen, einem Teil ihres hübschen Gesichts. Es ist offensichtlich, dass sie in Trauer ist. Sie fragt leise, ob noch ein Platz frei sei, obwohl alle Plätze frei sind und es keine Hinweise auf eine Belegung gibt. Sie fragt mit trauriger Stimme, die deutlich signalisiert, dass sie keine Gespräche wünscht, keinen Kontakt haben will, keine Unterhaltung führen will. Der junge Mann, plötzlich dem Dösen und der langweiligen Einsamkeit entronnen, ist verwirrt. Er bejaht schnell und merkt erst jetzt, wie unschicklich es ist, seine Beine so weit von sich zu strecken, sich so in die Polster zu fläzen. Er richtet sich auf, setzt sich gerade hin, strafft den Rücken. Ein Pfiff, der Zug setzt sich wieder langsam in Bewegung, rattert, schlingert leicht in den wenigen Kurven. Die Bäume ziehen am Fenster vorbei, Schatten huschen durch das Abteil, die aber keine Kühlung bringen.
Die junge Frau hat sich in die entfernteste Ecke gesetzt, auch das eine deutliche Botschaft. Sie blickt zu Boden. Führt ab und zu ein Taschentuch an die Nase, schnieft, wischt sich wohl auch ein paar Tränen aus den Augen, die der Schleier verdeckt. Der junge Mann ist versucht, sie anzusprechen, sie zu fragen, warum sie so traurig sei, ob jemand gestorben sei, die Chance nach etwas Unterhaltung nutzen.

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