Eines Morgens, beschloss ich gleich nach dem aufwachen, einen Spaziergang durch die Innenstadt zu machen. Es war ein normaler Werktag, an dem ich jedoch nicht zur Arbeit musste und der deshalb in einen langweiligen Tag überzugehen drohte. Ich wohne etwas außerhalb und komme nicht so oft in die Stadt. Ein Spaziergang erschien mir ein gutes Mittel gegen die Langeweile, die sicher aufkommen würde, außerdem war es möglich, dass ich interessante Leute traf, die meinen Horizont erweiterten könnten. Dort wo ich wohne, gibt es nichts von Bedeutung und die Menschen sind öde, alt oder verklemmt, jedenfalls kein Publikum für eine lebenslustige junge Frau wie mich, aber wer kann sich schon eine Wohnung in der Innenstadt leisten, bei dem miesen Gehalt, das ich als Krankenschwester erhalte. Nachdem ich ein Ziel hatte, stand ich beschwingt auf, duschte, schminkte mich dezent und zog mich etwas weniger dezent an, das Sommerkleid war kurz und hatte einen großen Ausschnitt. Man sagt mir nach, ich sei eine attraktive Frau und ich weiß, dass ich einige weibliche Reize habe und die betone ich in der Freizeit gern mit meiner Kleidung. Im Dienst ist alles züchtig und langweilig, am meisten die vorgeschriebene Kleidung. Nach einem kurzen Happen zum Frühstück ging ich zum Busbahnhof und hatte Glück, denn der Bus stand schon zur Abfahrt bereit.
Im Zentrum angekommen, trank ich als erstes einen Kaffee in einem Schnellimbiß, dann schlenderte ich durch die Fußgängerzone und betrachtete die Auslagen in den Schaufenstern. Ich hätte vieles gerne gehabt, aber mein verfügbares Ausgabenlimit war schon erreicht und es reichte gerade noch für das Busbillett, den Kaffee und einen Snack. Etwas müde vom herumlaufen, erholte ich mich in einem Park, zudem war ich gestresst von den vielen jungen Männern, die nichts anderes zu tun hatten, als hinter mir her zu pfeifen und mich mit unangemessenen Angeboten zu belästigen. Aber um ganz ehrlich zu sein, es gefiel mir auch, auf diese Weise zu erfahren, dass ich eine begehrenswerte, attraktive Frau war. Ich hätte mir mit einem von ihnen einen schönen Tag machen können, aber die Jungs hatten kein Geld und wollten am Ende alles umsonst oder sogar noch Geld, für das, was sie mir anboten. Das war kein Publikum für mich und so habe ich sie alle ignoriert, nichts gesagt, mich auch nicht umgewendet und vor allem keine Blicke verschwendet, die zu einem Gespräch und mehr hätten führen können. Vielleicht dachten sie, ich sei hochnäsig, aber das war mir egal. Auf der Parkbank war ich aber auch nicht sicher, es konnte jederzeit einer auftauchen und sich frech neben mich setzen. Da ich zudem Durst hatte, beschloss ich in das Hotel Casa Granda zu gehen, einem wunderschönen Hotel direkt neben dem Park mit herrlichem Ausblick auf die Stadt von der Terrasse aus, um dort mein restliches Geld auszugeben. Im Casa Granda gab es immer viele Touristen, aber auch anspruchsvolle Menschen aus der Stadt, dort würde mich niemand auf primitive Weise anmachen und wenn ich Glück hatte, würde mich sogar jemand zu einem Drink einladen.
Eine interessante Begegnung an helllichten Tag
Erzählungen aus Kuba
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