Eine Nacht vor der Ausgangssperre

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Eine Nacht vor der Ausgangssperre

Eine Nacht vor der Ausgangssperre

Claudia Carl

Ein Kerl kam auf mich zu und gab sich allzu vertraulich. „Was ist los?“ fragte er. Er kam sicher aus Rumänien oder so. „Ich helfe dir!“ Eine Drohung, die schlimmer nicht sein konnte. „Ich suche die Polizeistation“, sagte ich. „Ich begleite dich“, sagte er penetrant und ich reagierte extrem genervt. „Was ist passiert?“ fragte er wieder und wieder, ich antwortete nicht und ging in die Richtung, in der ich die Polizeistation vermutete. Allerdings standen dort jetzt seltsame Bretterverschläge. Die ganze Welt war fremd und schrecklich, nur weil ich meinen Rucksack verloren hatte.

Zum Glück tauchte tatsächlich die Polizeistation hinter den Brettern auf, der Typ lallte noch irgendwas Ekelhaftes und ich ging hinein. Vor der großen Glasscheibe der Polizeistation stand ein schmieriger Langhaariger, der wie ein Dealer aussah. Oder war es ein V-Mann? Ich betrat mit Engelsgesicht die Polizeiwache.

Hinter der Anti-Corona-Plastikscheibe, die zwei Schreibtische überspannte, saßen zwei gutaussehende Kerle. Im ersten Moment war ich nur voller mädchenhafter Bewunderung. Der Linke hatte eisblaue Augen, schwarze Haare, und die Uniform stand ihm prächtig. Der Rechte hatte eine Glatze und trug eine Art Weste über einem kurzärmeligen T-Shirt, vielleicht so ein Waffenholster wie ich es aus Krimis kannte. Hätte ich mich zwischen beiden entscheiden müssen, wäre es mir schwergefallen. Beide hatten genau die Fiesheit, die mir bei Männern gefällt.

Ich trat zu dem Linken und brachte in Jammerton mein Anliegen vor. Er war mega genervt. „Kommen Sie in drei Tagen wieder!“

„Aber ich fahre morgen wieder nach München“, blieb ich mädchenhaft penetrant. „Könnten Sie nicht irgendwo anrufen?“

Er rollte die Augen.

„Wo soll ich denn anrufen?“
„Bei der Bahn? Beim S-Bahnfahrer?“

„Das ist nicht unsere Aufgabe als Bundespolizei“, sagte er kalt. Meine Mädchenaugen blieben auf ihn geheftet. Er fand mich lächerlich. Eindeutig etwa 30 Jahre älter als er und immer noch girliehaft drauf.

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