Eine wunderbare Nacht

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Eine wunderbare Nacht

Eine wunderbare Nacht

Miriam Reiber

Zitternd betrat ich das Hotelzimmer unseres Managers. Mein Herz raste. Wie oft hatte ich von diesem Mann geträumt. Manchmal hatte ich schon erschreckt darüber nachgedacht, dass ich mit meinen zarten neunzehn, sechzehn Jahre jünger war als er. Daran dachte ich nicht, wenn ich in seiner Nähe war. Dieser Mann zog mich an wie ein Magnet und endlich hatte er sich ein Bewerbchen gesucht, um mich auf sein Zimmer zu locken. Er wollte mir vorab schon mal die Kostüme für unsere neue akrobatische Rollschuhnummer zeigen. Zwei Tage später sollte unser erster Auftritt im namhaften Varietétheater sein. Ich hatte in meiner freudigen Überraschung nicht danach gefragt, warum er nicht uns alle drei Mädchen eingeladen hatte.
In einem einteiligen Dress stand Reiko am Fenster und machte Freiübungen. Als er sich drehte und auf mich zukam, wusste ich gar nicht, wohin ich sehen sollte. Sein Trikot war unten dermaßen aufgebläht. In meinem Inneren hatte ich sicher drauf spekuliert, dass dieses Zusammentreffen vielleicht eine langgehegte Fantasie erfüllen würde. Nun war ich allerdings erschreckt, wie plump der Mann es anging. Oder dachte er sich gar nichts dabei? War die mächtige Beule in seiner Hose ein Kompliment für mich? Gleich war ich versöhnt. Er zog sich seinen Bademantel über und hielt mir das neue Kostümchen unter die Augen, das eigentlich auch nur ein Trikot war. „Anprobieren“, rief er launig. „Ich möchte sehen, wie es am Körper wirkt. Ich schaute mich um und machte schon einen Schritt auf die Badtür zu. Da protestierte er: „Aber, aber, willst du dich vor mir verstecken? Ich sehe doch nicht zum ersten Mal mehr von dir. Wie oft bin ich schon bei euch aufgetaucht, wenn ihr gerade beim Umziehen gewesen seid.“
Wenigstens drehte ich mich um, als ich aus dem Pulli schlüpfte. Das hätte ich mir sparen können. Reiko ging wie zufällig um mich herum.

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