Anika würde meine griechische, vulkanische Leidenschaft schon noch zu spüren bekommen, und zwar so, dass sie selbst dann noch daran dachte, wenn sie das nächste Mal nackt in einer U-Bahn posierte oder sich für eine weitere 20er-Jahre-Party verkleidete. Ich konnte kaum aufstehen, so weich waren meine Knie, und Anika ging es wohl nicht anders. Wir schnappten unsere Siebensachen und gingen schweigend den Strand entlang zu unserem Bungalow. Anika ergriff meine Hand. „Und was machen wir heut Abend?“ Fast im selben Augenblick klingelte mein Handy. Wer konnte das wohl sein? Ich bin im Urlaub sehr zurückhaltend mit dem Beantworten von Anrufen – aber diesmal machte mein Herz einen Freudenhüpfer. Meine Schwester Jana war am Apparat. Sie klang so frisch und aufgeregt wie eh und je, und sie meldete sich mit einem melodiösen “kalinichta”. „Guten Abend“.
Janas Party würde in einem entlegenen Strandhaus stattfinden, und da Anika und ich nicht motorisiert waren, mussten wir rechtzeitig eine Taxe organisieren, was wegen der vielen Touristen gar nicht so einfach war. Taxis sind auf Kos nur in sehr begrenzter Zahl vorhanden. Meine Schwester war immer für Ueberraschungen gut, und sie war mittlerweile in ganz Griechenland zuhause. Egal ob auf den Ionischen Inseln, auf der Peloponnes, in Arkadien oder auf einer Touristeninsel wie dieser hier: Ueberall hatte Jana, die mittlerweile eine Ausbildung zur Fremdenführerin abgeschlossen hatte, ihre Verbündeten, die ihr vergünstigte Eintritte ermöglichten zu den heimlichen und offiziellen Vergnügungstempeln dieses Landes. “Zieht Euch einfach sexy an”, lachte sie, als ich ihr erzählte, ich sei mit einer Freundin aus Berlin da. Anikas Garderobe war erstaunlich. Ihr Gepäck nahm sich von aussen ganz bescheiden aus, aber sie hatte massenhaft Unterwäsche, bunte Strümpfe, sogar Netzstrümpfe, Röcke, T-Shirts und mehrere Abendkleider dabei.
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