Ein ungleiches Duell

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Ein ungleiches Duell

Ein ungleiches Duell

Michael Schweßinger

Es gab eine Zeit, da liebte ich es, all eine auszugehen. Ich liebte es, in das imaginäre Zwielicht der zahlreichen Gothic-Clubs dieser Stadt zu verschwinden. Ich liebte es, stundenlang auf ausgesessenen Barhockern zu verweilen und mich dem meditativen Anblick der Tanzfläche mit ihren vielfachen Bewegungen und mannigfaltigen Farbwechseln hinzugeben. Ich genoss es, die Mischung aus billigem Whisky und noch billigerer Cola über meine Zunge laufen zu lassen und ich verspürte die Lust auf den Geschmack nach selbstgedrehten Zigaretten. Ebenso liebte ich die süße Melancholie, die aus der selbstgesuchten Einsamkeit erwächst, die am stärksten in mir aufstieg, wenn mein Blick auf ein frischverliebtes Paar fiel, dass sich mit zärtlichen Küssen und lieblichen Blicken ein eigenes Königreich erschuf und einen damit unweigerlich in die eigene Erinnerung führte, wo einst ebenso prächtige Königreiche dem langsamen Vergessen anheim fielen.

Manchmal tanzte ich auch zwischen den anderen Menschen, die zu verschiedenartigster Musik die Tanzfläche in ein wuselndes Gewirr aus Stoff, Haut und Schmuck verwandelten. Doch meistens nutzte ich die Abende, um auf meinem Barhocker wie auf einer einsamen Insel zu thronen und war nicht unglücklich über die Wellen und Ausprägungen der Musik und der Menschen, die mich manchmal berührten; meistens jedoch vor meiner Insel zurückwichen. Selten sprach ich ein Wort mit den Menschen, denn tief in mir wurzelte der Glaube, dass es nicht möglich war, mit Worten zu kommunizieren. Manchmal hielt ich Zwiesprache mit schillernden Augen, die vor meiner Insel aus dem flutenden Meer auftauchten und Sekunden später wieder verschwanden. Smaragde und Bernsteine riefen mich in eine andere Welt. Ich fühlte, wie eine ungeahnt kräftige Welle weit über meine Zehenspitzen hinauf schwappte und mich manchmal sogar fast mitten in dieses andere Meer hineinzog, das den Worten für immer unbekannt blieb. Doch weigerte sich ein Teil von mir, die kontemplative Betrachtung beiseite zu legen und dieser weitaus stärkere Teil widerstand der Freude am Schwimmen, die ich einst so sehr liebte, nun aber nur noch als eine Erinnerung wahrnehmen wollte, da die Angst des Ertrinkens mich drückte wie ein namenloser Alp in dämmrigen Morgenstunden.

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