Was wird bloß meine Mutter denken? Tatsächlich war das ihr erster Gedanke, nachdem sie den Termin fix gemacht hatte. Nun war es zu spät. Emma lag ausgestreckt auf einem riesigen Bett und räkelte sich unbekleidet in einem Berg von Kissen.
Umgeben war sie von einer Armada von Scheinwerfern, weißen Stellwänden und getönten Spiegeln, die den Blitzen, jeden reizvollen Winkel ihres Körpers ausleuchtend, die grelle, kalte Note nahmen. Alles blendete sie und so versank das Studio in dieser luxuriösen Villa um sie herum. Fast fühlte sie sich allein mit sich selbst, in wohliger Wärme in dem leichten Luftzug von der geöffneten Terrassentür her, der die weißen, durchsichtigen Vorhänge beständig ein wenig wehen ließ ohne den Blick nach draußen oder von dort herein wirklich freizugeben.
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Eine Freundin hatte sie mitgenommen zur Vernissage eines aufstrebenden Fotografen, der, als Künstler allmählich angesagt, Medieninteresse und Sammler anzog und dessen Werke so manches Büro oder Wohnzimmer zierten, was zunehmend schwerer finanzierbar wurde für ihresgleichen.
Mal abgesehen davon, dass Ausstellungseröffnungen immer ein wenig dem Klischee des Sehen-und-Gesehen-Werdens entsprachen, fühlte sich Emma - auch aus diesem Grund - sichtlich wohl. Sie wusste, sie sah hinreißend aus in ihrem weinroten, silbern durchwobenen Cocktailkleid, den hohen Pumps, der solitären Perle um ihren Hals und ihren langen, brunetten Haaren. Der Sekt mundete vorzüglich, entspannte und regte gleichermaßen an.
Die dargebotene Werkauswahl umfasste Fotographien aus unerwarteten Perspektiven, Landschaften, abstrakt anmutende Makro-Aufnahmen, deren größter Reiz darin bestand, dass es sich nicht um kreative, allein der Phantasie des Designersentsprungene Computergrafiken handelte, allein der Phantasie des Designers entsprungen, sondern um schwer zuzuordnende Details realer Objekte, Wesen, Strömungen.
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