Entscheidungen

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Yupag Chinasky

Nun streifte er also durch die leeren Straßen, die genauso wenig Ablenkung boten, wie das langweilige Restaurant oder sein bescheuertes Hotel. Kaum war er draußen, hängte der Kellner auch schon das Schild „geschlossen“ in die Glastür. Er wanderte weiter und immer weiter und durch seinen Kopf ging immer wieder das Wort „Scheiße“. Dieses Wort, der dringende Wunsch nach einem Bier, der weniger dringende Wunsch nach Gesellschaft und der alles übertönende, höchst präsente Wunsch nach der körperlichen Nähe einer Frau, waren die einzigen Dinge, an die er dachte, alles andere war verdrängt und in die tiefen Regionen seines Gehirns verschoben worden.
Seine Wünsche peinigten ihn und er hätte, um sie zu befriedigen, sogar sein ganzes restliches Geld für einen kurzen Spaß geopfert. In dem Restaurant mit dem mäßigen Essen hatte es nicht einmal Bier gegeben, nur pappige, klebrige, süße Limonade, eine Zumutung für seinen Gaumen. Bier sei leider, leider heute gerade ausgegangen, hatte der Kellner mit großem Bedauern festgestellt, der Heuchler, als ob es sonst welches gäbe, und es gäbe keine Möglichkeit, wirklich keine, fügte er Achsel zuckend hinzu, Nachschub zu besorgen, das sei die Wahrheit, so leid es ihm tue, wirklich unmöglich. Für ihn war es aber Mangelwirtschaft, Vetternwirtschaft oder reine Vergesslichkeit dieses Scheinheiligen, was auch immer. Er hatte geflucht, aber ändern konnte er die Lage nicht. Sein Hotel hätte die Rettung sein können, dieser Hafen der Gestrandeten, dieser Hort der Enttäuschten, Leute, die noch etwas Geld hatten, wohnten hier nicht. In diesem Schuppen gab es sogar eine Bar, dort gab es Bier und Schnaps und auch Menschen, die vielleicht froh waren, wenn man mit ihnen redete, auf jeden Fall aber, wenn man ihnen einen ausgab. Aber darauf hatte er keine Lust. Er wollte nicht ständig von Typen angeschnorrt werden, die ihm nicht zusagten.

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