Inge war tatsächlich etwas Besonderes. Andere Mädchen trugen bunt bedruckte T-Shirts oder kurze Miniröcke und liefen auch mal bauchnabelfrei herum. Inge hingegen trug meist Blusen oder Pullover, die sie mit einer Jeans oder einem Rock kombinierte. Dabei reichten ihre Röcke mindestens bis knapp über das Knie, oft waren sie aber auch länger. Ja, Inge war unauffällig, aber immer schick gekleidet. Dazu kam noch, dass sie das schönste Gesicht hatte, das ich mir vorstellen konnte. Es war fein gezeichnet, mit leicht hervortretenden Wangenknochen und einer süßen Stupsnase. Dazu kamen noch die blauen Augen und der helle Teint einer echten Blondine. Ihre langen Haare hatte sie meist zu einem hoch angesetzten Pferdeschwanz gebändigt, oder einfach zu einem unordentlichen Knoten hochgesteckt. Tatsächlich war ich wohl verliebt. Es gab nichts Schöneres für mich, als in ihrer Nähe zu sein, und umgekehrt war es wohl genauso. Immer wieder lächelten wir uns an, wobei ich manchmal in das tiefe Blau ihrer Augen versinken konnte. Dazu gab es viele kleine, manchmal wie zufällig wirkende Berührungen, die dann eine Sekunde länger dauerten, als es musste.
Je öfter wir zusammen waren, desto mehr kribbelte es in meinem Bauch, und nicht nur dort. Ich war glücklich, nein, wir waren glücklich. Nie hätte ich zu träumen gewagt, dass sich tatsächlich mal ein Mädchen für mich interessieren würde. Dabei tauchte Inges Gesicht immer öfter vor meinen geschlossenen Augen auf, wenn ich entspannt nackt im Bett lag, um mir einen runterzuholen. Zu Anfang schämte ich mich noch, dass sie dafür herhalten musste, aber bald war sie fester Bestandteil meiner lustvollen Fantasien. Eines Tages, als wir wie immer zusammen unsere Hausaufgaben machten, passierte es dann.
Inge hatte mir gerade weiterhelfen können. „Danke“, lächelte ich sie an, und hauchte ihr, ohne weiter nachzudenken, einen kleinen, zarten Kuss auf die Wange. Himmel, was hatte ich gemacht. Mit weit aufgerissenen Augen schaute Silke mich an. „Entschuldige … es tut mir so leid. … Ich wollte … ich meine … ich wollte nicht … dir … dass du …“ stammelte ich völlig zusammenhanglos, aber es wollte sich einfach kein Loch auftun, in das ich versinken konnte. „Das war schön“, flüsterte Inge plötzlich so leise, dass ich kaum glaubte, was ich hörte. „Wirklich?“, fragte ich aufgeschreckt nach. Meine Gegenüber nickte nur. „Fand ich auch.“ bestätigte ich immer noch unsicher, „Darf ich das noch mal machen?“ Ich weiß bis heute noch nicht, woher ich den Mut dafür nahm, sie das zu fragen.
Erinnerungen an Inge
Klassentreffen - Teil 1
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Erinnerungen an Inge
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