„Selbst, wenn Du kehrst und wischst bleibt was übrig von dem Zeug und verrät dem Dieb, dass sein Versteck aufgeflogen ist.“
„Du meinst, das Mehl ist so eine Art Alarmanlage?“
„Könnte doch sein“, fuhr Nina etwas atemlos fort, weil sie mit einigen Zuckungen ihres Unterleibs den Rock auf ihre Knöchel beförderte und jetzt in einer schwarzen Spitzengarnitur vor ihm stand.
„Und wie ist er in dein Kellerabteil gekommen?“
„Ich schließe nie ab, bei mir gibt es nichts zu holen außer einigen bibliophilen Kostbarkeiten, aber die erkennt kein gewöhnlicher Einbrecher.“
Konrad fixierte einen Moment den Abgrund zwischen ihren Trabanten, dann riss er sich von ihrem Anblick los: „Nur mal so, was wäre ein Beispiel für eine ultimative bibliophile Kostbarkeit?“
„Da wären zum Beispiel eine Gutenbergbibel zu nennen oder die Canterburytales, die Chaucer 1387 verfasste. Für beides muss man heute mächtig Schotter abdrücken. Meine Kostbarkeiten sind dagegen mehr privater Natur. Kein Mensch würde dafür Geld zahlen. Ich kann also meine Kellertür unabgeschlossen lassen.“
Konrad sah ihr nach, wie sie in ihrer schwarzen Spitze zur Tür schritt. Dort drehte sie sich um. „Hast Du mich gerade unter die Blaustrümpfe gerechnet?“
„Na ja, war nur so dahingesagt, weil...“ Konrad fiel nichts weiter ein und er verstummte.
„Schon gut Magister, und hör mal, ich wiederhole mich ungern, aber wie Du selbst gesagt hast, ist die Dusche kalt. Da verschwinden die letzten Reste deiner Versteifung bestimmt. Das geht natürlich in Ordnung, aber erst“, sie machte eine kleine Pause, „wenn Du den Ring vorgeführt hast.“ Trällernd trabte sie den Gang hinunter, kurz darauf schlug die Tür zum Gartenbad.
Konrad fluchte. Die Frau, der er so manchen Strahl Eiweiß gewidmet hatte, wartete auf ihn in der Dusche. Dieses reale Leben war anstrengender, als seine Fantasien und sorgte für mehr Lampenfieber als jede Antrittsvorlesung. Andererseits war das Zusammensein mit ihr wie ein Sprudelbad an Empfindungen und Einfällen und er fühlte sich so lebendig wie lange nicht. Man ahnte eben manchmal nicht, was einem fehlte.
Eule und Magister
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